Wien – Brütende Hitze draußen, klirrende Eiszeit drinnen: Im Finanzministerium in Wien sind am Dienstag einmal mehr die Juristen der Hypo-Abwicklungsgesellschaft Heta, deren Vorstand, der Chef der Finanzprokuratur und (andere) Entscheidungsträger zusammengekommen, um über den geplanten Generalvergleich zwischen Wien und München zu diskutieren.
Wobei weniger diskutiert als gestritten wurde, wie Sitzungsteilnehmer berichten: Zwischen den Vertretern des Bundes und der Heta bestehen massive Auffassungsunterschiede. Dass die "Umsetzungsvereinbarung" zum am 7. Juli abgeschlossenen "Memorandum of Understanding" zwischen Österreich und Bayern wie geplant bis Ende Oktober unter Dach und Fach ist, sei angesichts dessen nicht so sicher.
Vergleich und Schuldenschnitt
Kurzer Blick zurück: Alle Rechtsstreitigkeiten zwischen Ex-Hypo-Aktionärin BayernLB und einstiger Hypo sowie zwischen Republik und BayernLB sollen gegen Zahlung von 2,4 Milliarden Euro an die Bayern begraben werden. Mit diesen 2,4 Milliarden soll die BayernLB dann wie alle anderen Gläubiger "an einer Abwicklung der Heta (gemäß Bankenabwicklungsgesetz oder im Rahmen einer Insolvenz) teilnehmen", wie es im jüngsten Heta-Geschäftsbericht heißt. Anders gesagt: Diese Forderung der Bayern würde dem dann ausgehandelten Schuldenschnitt der Heta unterliegen. Derzeit rechnet man mit einem Schnitt von rund 45 Prozent.
Ausgemacht ist, dass die Bayern diese 1,23 Milliarden Euro als Vorauszahlung vom Bund bekommen. Sollten beim Schuldenschnitt weniger als 45 Prozent herauskommen, bekämen die Bayern trotzdem ihre 1,23 Milliarden. Kämen mehr als 45 Prozent heraus, würden die Münchner die Differenz nachbekommen.
Republik garantierte bei Verstaatlichung
An diesem Punkt scheiden sich nun aber die Geister. Denn: Im Verstaatlichungsvertrag von Ende 2009 hat die Republik eine Garantie zur Rückzahlung der offenen Kreditforderungen der Bayern (das sind die 2,4 Milliarden Euro, die die Österreicher als Eigenkapitalersatz ansehen und rechtlich geltend gemacht haben) abgegeben.
Und um diese Garantie wird nun zwischen Bund und Heta-Vorstand gestritten; es geht dabei um die Frage, wer für den Vergleich mit den Bayern letztendlich geradesteht.
Die Frage ist, ob die Garantie im Vergleichsfall gilt – die Juristen der Republik glauben das nicht. Sie wollen den Vergleich quasi loswerden. Bei der Heta ist man anderer Meinung: Ihre Juristen gehen auf Basis eines Gutachtens davon aus, dass der Vergleich aufrecht bleibt und die Heta im Fall des Falles die 1,23 Milliarden Euro von der Republik einklagen könnte.
Noch ist aber alles offen. Laut Halbjahresbericht der Heta ist (Einigung vorausgesetzt) "anzunehmen", dass der Vergleich "bis Anfang November" umgesetzt werden kann.
Dobernig will nicht im U-Ausschuss aussagen
Viel früher, nämlich am Mittwoch, geht der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Hypo weiter. Als erste Auskunftsperson sollte Harald Doberning befragt werden, der 2004 ins Büro des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider kam und 2008 Finanzlandesrat wurde. Als solcher war er Aufsichtskommissär der Hypo.
Dobernig hat aber abgesagt, weil seine Vertrauensperson, Anwalt Franz Großmann, nicht als solche zugelassen wurde. Der war nämlich auch für die Hypo tätig. Dobernig hat die Causa zum Verfassungsgerichtshof gebracht, der aber noch nicht entschieden hat. Bis dahin will Dobernig jedenfalls nicht aussagen.
Befragt wird dafür Klaus Bussfeld, ab 2004 elf Monate lang Aufsichtsratschef der Hypo. Er wird der 44. Zeuge im Ausschuss sein, der bisher ziemlich genau 200 Stunden lang getagt hat. Laut Parlamentskorrespondenz gibt es inzwischen 740.000 Dokumente zum Untersuchungsgegenstand, würde man die ausdrucken, ergäbe das 5,5 Millionen A4-Seiten. Das Gewicht der derart in Papierform gebrachten Hypo-Geschichte entspräche: dem Gewicht von vier ausgewachsenen Mammuts. (Renate Graber, 1.9.2015)