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Otto Pérez Molina ist nach Korruptionsvorwürfen als Präsident Guatemalas zurückgetreten.

Foto: REUTERS/Jorge Dan Lopez/Files

Für viele Guatemalteken hat Korruption ein Gesicht: Es ist jenes ihres Staatspräsidenten Otto Pérez Molina – oder besser: ihres bisherigen Präsidenten. Denn nachdem das Parlament Pérez' Immunität aufgehoben hatte, wurden auch ein Ausreiseverbot und ein Haftbefehl ausgegeben. Pérez kam der Justiz entgegen, indem er volle Kooperation zusicherte und am Donnerstag, nur wenige Tage vor den Neuwahlen, sein Amt zurücklegte. Ein tiefer Fall.

Als Pérez vor vier Jahren die Präsidentenwahl gewann, galt er als Hoffnung für das Land, das eine der höchsten Mordraten der Welt aufweist. Er war auch der erste Militär, der das mittelamerikanische Land in Friedenszeiten regieren sollte.

"El General" – so nannten ihn alle, während er sich selbst in Anspielung auf seine Rolle bei den Verhandlungen, die 1996 zum Ende des Bürgerkriegs führten, als "Friedensgeneral" sieht – stammt aus einer Mittelschichtfamilie und trat mit 16 Jahren als Kadett der Escuela Politécnica in die guatemaltekischen Streitkräfte ein. Dort absolvierte er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 das volle Programm: Offizierslaufbahn, Guerillabekämpfung, Eliteeinsätze, Geheimdienst, dann deren Chef, Generalinspektor und schließlich Generalstabschef.

In die Politik zog es den heute 64-jährigen Tennisfan, der immer noch gut durchtrainiert ist, erst nach der Versetzung in den Ruhestand: Im Jahr 2000 war sein Sohn, heute Bürgermeister von Mixco, Ziel eines Attentats; 2001 wurde seine Tochter bei einem weiteren Anschlag verletzt. Nur wenig später gründete er die rechte, unternehmerfreundliche Patriotische Partei (PP) und schaffte 2003 den Sprung ins Parlament. 2007 scheiterte er bei der Präsidentenwahl nur knapp gegen den Sozialdemokraten Álvaro Colom. 2011 – finanziert von etlichen konservativen Oligarchen des Landes – klappte es dann für "El General".

Dass er nun im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre im Zollbereich krimineller Machenschaften beschuldigt wird, ist kaum überraschend: Schon lange stand er etwa im Verdacht, Kontakt mit Drogenkartellen zu pflegen. Das belegen auch Dokumente der US-Botschaft in Guatemala-Stadt, die via Wikileaks publiziert wurden; auch soll er im Bürgerkrieg für Menschenrechtsverbrechen verantwortlich gewesen sein.

Nun befindet sich der Law-and-order-Politiker selbst im Visier der Staatsanwaltschaft. Dass er diese Ermittlungen übersteht, darf heftig bezweifelt werden. (Gianluca Wallisch, 3.9.2015)