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Ungarns Premier Viktor Orbán und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatten nur wenige Freundlichkeiten füreinander übrig. Schulz kritisierte die Haltung Orbáns in der Flüchtlingsfrage.

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Pressekonferenz von Viktor Orbán am Donnerstagabend in Brüssel.
ebs/European Union

Die politischen Spannungen zwischen Ungarn und der EU symbolisierte am Donnerstag nichts so treffend wie der Gesichtsausdruck von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Ungarns Premier Viktor Orbán war wegen der Asylkrise in Europa am Morgen zu Gesprächen nach Brüssel gereist. Außer mit Schulz beriet er sich auch mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk. Dabei ging es hart zur Sache: So übten die EU-Vertreter Kritik an dem neuen Grenzzaun zwischen Ungarn und Serbien. Zäune und Mauern symbolisierten nicht den "europäischen Geist", so die Kommission.

Am deutlichsten wurde der deutsche Sozialdemokrat Schulz: Er warf Orbán bei einer Pressekonferenz eine unsolidarische Haltung vor, weil das Land sich gegen einen EU-Plan querlegt, Flüchtlinge auf Basis einer Quote auf Europa aufzuteilen. Als Orbán zur Replik ansetzte, verfinsterte sich Schulz' Mine mit jedem Wort. Nicht Ungarn agiere unsolidarisch, sagte der Premier, sondern die übrigen EU-Länder, die die Schengen-Regeln nicht einhalten. Schengen sehe vor, dass jedes EU-Land seine Außengrenzen schützen muss – das tue Ungarn mit dem Zaun. Orbán wies auch den Vorwurf, seine harte Haltung gegenüber Flüchtlingen sei unmoralisch, zurück: Unmoralisch agierten jene, die Flüchtlingen den Eindruck vermitteln, dass "sie nach Europa kommen können", sagte der Premier. "Warum bleiben die Menschen nicht in der Türkei?"

Ungarn will auch Zaun zu Kroatien bauen

Am Abend, nach dem Treffen mit Juncker, legte Orban noch nach und kündigte den Bau eines weiteren Zauns an – diesmal an der Grenze zum EU-Mitglied Kroatien, wenn die Flüchtlinge versuchen sollten, in Scharen über diesen Weg ins Land zu kommen. Er wolle keine große Zahl Muslime in Ungarn haben, sagte er am Donnerstag.

Den Flüchtlingen, die auf dem Budapester Keleti-Bahnhof festsitzen, werde man die Ausreise nicht erlauben, zunächst werde man sie registrieren. Im Übrigen sei die Flüchtlingskrise kein europäisches, sondern ein "deutsches Problem". Die Asylsuchenden würden ja nicht nach Ungarn, nicht in die Slowakei, nicht nach Tschechien – sondern allesamt nach Deutschland wollen.

Quotensystem soll kommen

Ratspräsident Tusk drängte in Brüssel ebenfalls darauf, dass Budapest seinen Widerstand gegen eine Quotenregelung fallenlässt. Er ließ dabei erstmals anklingen, was der EU-Spitze vorschwebt: "Die faire Aufteilung von mindestens 100.000 Flüchtlingen zwischen den EU-Staaten ist das, was wir heute brauchen." In Medien war davor von 120.000 Asylsuchenden die Rede gewesen, die nach einem Quotensystem auf alle EU-Staaten aufgeteilt werden sollen. Schulz sagte, das System soll auf die Einwohnerzahl, aber auch auf die Wirtschaftskraft der einzelnen Länder abstellen. Kommissionschef Juncker will seine Pläne am Mittwoch vorstellen, am 14. September sollen die Innen- und Justizminister der EU beraten.

Die Widerstände kommen aber aus mehreren Richtungen: Viele osteuropäische Staaten (Slowakei, Tschechien, Polen), die selbst kaum Asylwerber permanent aufnehmen, wehren sich dagegen, fixe Zusagen machen zu müssen. (András Szigetvari aus Brüssel, 4.9.2015)