Die U2 ist im neuen Simulator exakt nachgebaut.

Foto: Michael Möseneder

Wien – Ein Schwan auf dem Geländer der Donaubrücke ist es, der die Fahrgäste in der U-Bahn-Station Donaustadtbrücke nervt. Denn die U2 hat Verspätung, da der Fahrer mit 15 Kilometern pro Stunde an dem Tier vorbeischleichen muss, um einen tragischen Todesfall zu vermeiden.

Der Unmut der potenziellen Passagiere ist allerdings überschaubar – sie existieren nur im Computer. Dargestellt werden sie auf den Bildschirmen im U-Bahn-Simulator der Wiener Linien im Ausbildungszentrum in Wien-Floridsdorf.

1,3 Millionen kosteten die beiden Boxen, in denen komplette Führerstände der sogenannten Type V, der im Vergleich zu den "Silberpfeilen" moderneren, nicht abgeteilten U-Bahn-Züge, eingebaut wurden. Der Sinn der Sache: 80 bis 90 Menschen pro Jahr sollen dort lernen, wie man mit kritischen Situationen im Fahreralltag umgeht, beziehungsweise überhaupt erst ausgebildet werden.

Hindernis Ausbildung

Derzeit wird das noch in realen Zügen trainiert, erklärt Günther Steinbauer, Geschäftsführer der Wiener Linien, bei einem Pressetermin – mit einem Zug, der zehn Millionen Euro kostet, währenddessen nicht für den normalen Betrieb eingesetzt werden kann und zusätzlich in den normalen Taktfahrplan eingefügt werden muss.

Die beiden Simulatoren, die offiziell am 1. Jänner in Betrieb genommen werden, sollen das ändern – und können es wohl auch, bilden sie doch die Realität so genau ab, dass selbst ein langgedienter U-Bahn-Fahrer als Tester seinen Kollegen im virtuellen Gegenzug gegrüßt hat, wie Steinbauer erzählt.

Das wirklich Nützliche an den in Frankreich produzierten Modellen ist allerdings die Möglichkeit, verschiedene Szenarien einzuspielen. Nicht nur den Schwan auf der Brücke, es gibt auch Hunde auf den Gleisen, Schneestürme und selbst eine mit Graffiti verschmierte Windschutzscheibe, die die Sicht auf die diversen Signale an der Strecke erschweren.

Bewegter Stuhl

Sitzt man auf dem Fahrerstuhl, der elektronisch gesteuert das Rattern des Zuges, die Neigung in den Kurven und die Verzögerung beim Bremsen vermittelt, merkt man als Laie, dass es durchaus Herausforderungen geben kann.

Den Alltag hat man rasch erlernt. Stoppt man in der Station, muss der Knopf für die Türentriegelung gedrückt werden. Dann beobachtet man den Fahrgastwechsel im Spiegel auf dem Bahnsteig. Ist dieser abgeschlossen, schließt man die Türen wieder und drückt auf den "Start"-Knopf. Der Zug setzt sich selbstständig in Bewegung und beschleunigt, während man den Totmannschalter auf dem Steuerknüppel rechts neben dem Sitz gedrückt halten muss.

Schwierig wird es erst, wenn die Szenarien eingespielt werden. Plötzlich leuchtet ein Signal neben der Strecke, man muss stoppen, die Automatik ausschalten, die Maximalgeschwindigkeit einstellen und dann händisch Gas geben und bremsen, was unter Umständen zur Herausforderung werden kann – so ein Bahnsteigende kommt schneller näher, als man denkt.

U2 nachgebaut

Derzeit kann man nur auf der U2 trainieren. Die Strecke ist anhand der Baudaten minutiös nachgebaut, 13 markante Bauwerke am Streckenrand wurden digital erstellt, der Rest der Gebäude sieht angesichts der Herstellerfirma ziemlich französisch aus.

Weiter als bis zur Endstation Seestadt wird der Zug in der Realität kaum fahren. Die bei dem Pressetermin anwesende Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) erteilte Verlängerungswünschen der Umlandgemeinden für diverse Linien eine klare Absage – bevor auch sie wegen eines Schwans stoppen musste. (Michael Möseneder, 11.9.2015)