Das über ein Objekt gelegte Metamaterial aus winzigen Goldplättchen reflektierte Licht in einer Weise, als wäre es auf einen flachen Spiegel getroffen.

Illu.: Xiang Zhang group, Berkeley Lab/UC Berkeley

Berkeley – Im Nibelungenlied ist es ein Zauber-Umhang, in Tolkiens Epos vollbringt ein magischer Ring das Kunststück: Der Wunsch nach einer Tarnkappe, die einen gegenüber seiner Umwelt verbirgt, ist uralt – aber möglicherweise nicht unerreichbar: Bereits seit einigen Jahren arbeiten Materialwissenschafter an Möglichkeiten, Objekte unsichtbar zu machen. Nun scheint es einem Forscherteam um Xiang Zhang von der Universität Berkeley gelungen zu sein, dem uralten Menschheitstraum einen Schritt näher gekommen.

Die Forscher präsentierten in der aktuellen Ausgabe von "Science" ein Metamaterial, das ein Objekt tatsächlich unsichtbar machen kann – allerdings nur unter bestimmten Umständen. Vor allem müssen die optischen Eigenschaften der neuartigen, nur wenige Nanomater dünnen Tarnhaut für jeden Gegenstand sorgfältig maßgeschneidert werden.

Um Gegenstände zum Verschwinden zu bringen, setzen Wissenschafter auf sogenannte Metamaterialien. Diese synthetischen Werkstoffe haben optische Eigenschaften, die in der Natur so nicht vorkommen, und können zum Beispiel Licht um ein Objekt herumlenken. Allerdings funktioniert das meist nur mit Licht einer bestimmten Farbe und nicht für größere Gegenstände. Zwar hatten Karlsruher Forscher kürzlich auch größere Objekte unsichtbar gemacht, ihre Technik lässt sich aber wiederum nur im Nebel oder in ähnlich optisch diffusen Umgebungen wie Milchglas anwenden.

Maßgescheiderter Tarnmantel

Das Team um Zhang wählte einen anderen Ansatz: Statt das Licht um das Objekt herumzulenken, verändert ihre Tarnkappe die Art und Weise, wie Licht von dem Objekt reflektiert wird. Dazu sitzen auf der Oberfläche der Tarnkappe zahlreiche winzige Goldreflektoren, die Licht aufnehmen und wieder abstrahlen. Form und Größe der dieser "Antennen" bestimmen dabei die genaue Weise, wie das Licht wieder abgestrahlt wird. Zahl und Form der Reflektoren werden so genau der Form des zu versteckenden Objekts angepasst, dass die Abstrahlung wirkt, als sei das Licht von der Fläche reflektiert worden, auf der das nun unsichtbare Objekt liegt.

Die Forscher demonstrierten die Funktion mit einem 0,036 Millimeter kleinen Plättchen, auf das runde Erhebungen von einem tausendstel Millimeter Höhe aufgebracht waren. Diese künstliche Mikro-Landschaft überzogen sie mit einer maßgeschneiderten Tarnkappe, die mit einer Dicke von 80 Nanometern rund tausendmal dünner war als ein menschliches Haar. Tatsächlich blieb das Mini-Objekt in Versuchen mit rotem Licht unsichtbar.

Beliebig Skalierbar

Nach Ansicht der Forscher lässt sich dieses Prinzip auch für größere Objekte anwenden. Allerdings funktioniert es nicht für das komplette sichtbare Spektrum. Und ein Mensch dürfte sich mit seiner maßgeschneiderten Tarnkappe nicht bewegen – durch die dabei unvermeidbare Veränderung seiner Form verlöre sie sofort ihre Wirkung. (APA/red, 18.9.2015)