Grafik: Viputheshwar Sitaraman, Draw Science

Eugene/Wien – Auch wenn wir uns bisweilen einsam fühlen mögen, alleine sind wir niemals: In und auf unserem Körper leben etwa zehnmal mehr Mikroorganismen, als wir eigene Zellen besitzen. Die meisten davon hausen im Darmtrakt, aber auch die Hautoberfläche ist dicht mit hunderten unterschiedlichen Bakterienarten besiedelt. Damit schleppen wir insgesamt rund 100 Billionen Keime mit uns herum, die allerwenigsten davon sind krankheitserregend. Zusammengenommen macht diese Masse immerhin rund ein Kilogramm aus.

Doch diese mikrobielle Bevölkerung endet nicht an den Grenzen unseres Körpers: Gleichsam wie eine Aura umgibt uns stets eine regelrechte Keimwolke – und diese hat eine ganz persönliche Zusammensetzung, wie nun Wissenschafter von der University of Oregon nachweisen konnten.

Um diesem individuellen Mikrobiom-Fingerabdruck auf die Spur zu kommen, hat ein Team um Studienleiter James F. Meadow elf Personen einzeln in ein keimfreies Einzelzimmer gesetzt und Proben von der sie umgebenden Mikrobenwolke genommen. Die anschließenden Analysen offenbarten Erstaunliches: Fast alle Keimproben konnten eindeutig ihrem ursprünglichen Besitzer zugeordnet werden.

Die Mischung macht's aus

"Wir hatten zwar erwartet, dass es uns gelingen wird, das menschliche Mikrobiom in der Luft rund um die Testpersonen aufzuspüren", erklärte Meadow. "Dass wir die Probanden anhand ihrer Bakterienwolke sogar identifizieren konnten, hat uns dagegen überrascht."

Wie die Forscher in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "PeerJ" berichten, isolierten sie bei allen Teilnehmern in etwa dieselben Bakterienarten, darunter rachenbewohnende Streptokokken und Propioni- sowie Corynebakterien, die hauptsächlich die Haut besiedeln. Die persönliche Mikrobiom-Signatur ergab sich demnach aus den Unterschieden in der Kombination dieser Keime.

Die Entdeckung der individuellen Keimwolke hat durchaus Potenzial für praktische Anwendungen. So könnten die neuen Erkenntnisse etwa die Mechanismen der Verbreitung von Krankheiten in Gebäuden erklären helfen. Und sogar in der Forensik ließe sich das Verfahren einsetzen, etwa um anhand der Bakterienaura festzustellen, wo verdächtige Personen sich zuletzt aufgehalten haben. Da das Verfahren allerdings noch nicht massentauglich sei, wäre dies einstweilen noch Zukunftsmusik, meint Meadow. (Thomas Bergmayr, 23.9.2015)