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Amy Schumer gewann als Produzentin von "Inside Amy Schumer" heuer einen Emmy.

Foto: Ali Goldstein/Comedy Central/AP

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Tina Fey und Amy Poehler bei der diesjährigen Golden-Globe-Gala.

Foto: REUTERS / PAUL DRINKWATER

Es ist das Jahr der Amy Schumer. Im Frühjahr nahm die Popularität der 34-jährigen Komödiantin richtig Fahrt auf, und spätestens im Sommer waren auch in Europa die Feuilletons hellauf von ihr begeistert. Der Anlass für die große Aufmerksamkeit war die Komödie "Dating Queen", für die Regiestar Judd Apatow zum ersten Mal ein fremdes Drehbuch verfilmte – geschrieben von Amy Schumer, die auch die Hauptrolle übernahm. Doch nicht genug der Ehre: Als Jon Stewart als langjähriger Gastgeber der "Daily Show" im Juli seinen Hut nahm, favorisierte er Schumer als seine Nachfolgerin. Und das "Time"-Magazin nahm Schumer in die Liste der hundert einflussreichsten Persönlichkeiten auf.

Fäkalhumor trifft Feminismus

Ein Film allein reicht für eine derartige Reputation freilich nicht. "Shootingstar" wird sie allerdings schon seit zehn Jahren genannt, erzählt Schumer in einem Interview. So lange ist es auch her, dass sie mit Stand-up-Comedy in New York begann. Seit 2013 läuft ihre Comedy-Show "Inside Amy Schumer" auf Comedy Central. Schumer wurde für die Serie viermal für die Emmy-Awards nominiert, die vergangenen Samstag verliehen wurden: für Hauptrolle, Regie, Drehbuch – und als Produzentin von "Inside Amy Schumer", wofür sie den Preis schließlich gewann.

Die Sketche der Serie sind und gehen tief. Schumer nimmt in derber Manier das herrschende Verhältnis zu Sex auf den Arm – inklusive sämtliche Projektionen auf die Geschlechter. In einer Folge werden Männer zu Amy Schumer befragt, denen Kommentare zu ihrem Hintern einfallen oder dazu, ob sie für Sex infrage käme. Schumer freut sich, dass "einige von denen also wirklich mit mir Sex haben wollen?!", und strahlt. In einem anderen Sketch wackelt sie ordentlich mit Hintern und Busen und stakst gemeinsam mit anderen Frauen durch ein Musikvideo. Ihr Körpereinsatz, die enge Lackkleidung, die Schnute, die Schumer zieht, sind nur eine Minimalparodie, durch die aber voll zur Geltung kommt, wie alltäglich die im Grunde lächerlichen Inszenierungen von Frauenkörpern sind.

Amy Schumer in ihrem Sketch "Milk, Milk, Lemonade" aus "Inside Amy Schumer."
Comedy Central

Das Erstaunliche an Amy Schumer ist allerdings nicht, dass sie die Kombination aus Klamauk und Feminismus massentauglich macht, sondern dass sie nur Teil einer Entwicklung ist, die schon 2011 überdeutlich wurde. "Brautalarm" war damals eines der meistdiskutierten Kinoereignisse des Jahres.

"Der Film war eine wichtige Station", sagt Melanie Letschnig, die feministische Filmtheorie am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien unterrichtet, über die Präsenz von Komödiantinnen. Der Film wurde wegen seines Humors auch kritisiert, lebe er doch nur von einer schlichten Umkehrung derber Buddy-Movies wie "Hangover".

Kristen Wiig und Maya Rudolph in "Brautalarm" (2011).
Foto: Suzanne Hanover/Universal Studios

Dennoch lösen Szenen, in denen ein sündteures Hochzeitskleid und starker Durchfall aufeinandertreffen, offenbar eine ziemliche Faszination aus. "Natürlich lebt der Film auch vom Fäkalhumor, den man eher nur aus Filmen von und mit Männern kennt", sagt Letschnig. Der Film hebe sich aber sehr wohl durch eine feministische Botschaft ab und fokussiere letztendlich nicht auf eine Hochzeit, die "kulturell bedingt als schönster Tag der Frau gilt", sondern auf Freundschaft und Solidarität.

"Brautalarm" (2011) scheute derben Fäkalhumor nicht.
DiabolicGrin

Doch auch die durch "Brautalarm" bekannt gewordenen Komödiantinnen Kristen Wiig, Maya Rudolph und Melissa McCarthy ("Taffe Mädels") sind nur ein Teil der in den letzten Jahren gewachsenen weiblichen Showbiz-Clique. Die meisten verbindet die Comedy-Show "Saturday Night Live" und ihre Erfolge im Serienfach: Julia Louis-Dreyfus ("Veep"), vor allem aus der 90-Jahre-Serie "Seinfeld" bekannt, begann ihre Karriere in "SNL", ebenso Tina Fey ("30 Rock", "Unbreakable Kimmy Schmidt") und Amy Poehler ("Parks and Recreation"), die mit Fey bereits dreimal die Golden-Globe-Gala moderierte und für ihre Performances stets gefeiert wurde. Das schürt schon seit längerem Spekulationen, die beiden würden auch die kommende Oscar-Verleihung moderieren. Erfolgreich sind die beiden auch auf dem Buchmarkt: Sowohl Feys Autobiografie "Bossypants" (2011) als auch "Yes Please" (2014) von Poehler wurden zu Bestsellern.

Tina Fey und Amy Poehler bei ihrer ersten Moderation der Golden-Globe-Gala 2013.
MovieAwardsAll

Dass Fey und Poehler eine politische Agenda haben, machten sie in ihren Moderationen unumwunden deutlich. "Die Anmoderation derartig großer TV-Ereignisse gilt als eigenständiger Comedy-Act", sagt Letschnig. Gewitzelt wurde bei Fey und Poehler über weibliche TV- und Filmstars – allerdings abseits der altbekannten sexistischen Witzeleien. "Comedians wie Poehler und Fey sind unter anderem deswegen erfolgreich, weil sie sich feministisch deklarieren", ist Letschnig überzeugt. Es gehe um eine Politik der Selbstverständlichkeit, die sich auch darin äußere, dass die Charaktere, die Louis-Dreyfus, Poehler, Rudolph, Wiig und Fey darstellen, nicht gefällig sind, sondern bisweilen sperrig und sogar unsympathisch. "Ich als Zielpublikum will so etwas sehen – ich will keine 'Jungfrau in Nöten', die vom Helden gerettet und gesellschaftlich legitimiert werden muss, sondern ich will weibliche Charaktere sehen, die aktiv sind, agieren und Frauen in bestimmenden Positionen spielen."

Keine Sympathieträgerinnen

Wie Julia Louis-Dreyfus in "Veep" (seit 2012), die für ihre Rolle als US-Vizepräsidentin Selina Meyer vergangene Woche ebenfalls einen Emmy gewann. Meyer ist eine äußerst machtbewusste, aber arbeitsscheue Politikerin, ihr Stab ist mindestens so inkompetent wie sie selbst, was sie mit einem stählernen Lächeln zu überspielen sucht.

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Julia Louis-Dreyfus spielt seit 2012 Selina Mayer, "Veep" der USA.
Foto: Bill Gray/AP

Tina Fey startete mit ihren Serienkreationen schon vor zehn Jahren. "30 Rock" (2006 bis 2013) lief zwar mit mäßigen Einschaltquoten, aber durchwegs positiver Kritik, und wurde mehrfach ausgezeichnet. Fey produzierte die Serie mit und spielte auch die Hauptrolle der Liz Lemon, Chefautorin einer Comedy-Show. Fey konnte davon aus erster Hand erzählen, war sie doch selbst die erste weibliche Chefautorin von "Saturday Night Live". Fey lässt ihre Liz Lemon flammende Reden über Unabhängigkeit und Frauensolidarität schwingen ("I support women. I'm like a human bra"), um sich gleichzeitig den Klischees der Single-Frau mit Ende 30 hinzugeben: Chef Jack Donaghy (Alec Baldwin) erstellt in der Pilotfolge dieses Profil der Figur Liz Lemon: "Dritte-Welle-Feministin, College-Abschluss, Single – und gibt an damit, glücklich zu sein, zu viele Termine, zu wenig Sex. Kauft Magazine, die 'Gesundes Körpergefühl' auf dem Titel haben, fängt alle zwei Jahre zu stricken an – für ungefähr eine Woche." Liz Lemon fühlt sich ertappt.

Liz Lemon (Tina Fey) lernt in der ersten Staffen von "30 Rock" ihren Chef Jack Donaghy. Er kennt sie hingegen schon.
FermatSim

In Feys neuester Comedy-Serie "Unbreakable Kimmy Schmidt" (seit 2015), die sie gemeinsam mit Robert Carlock entwickelte, geht es um eine Frau, die mit drei anderen Frauen jahrelang von einem Sektenführer in einem Keller festgehalten wurde. Nach ihrer Befreiung will sie in New York City einen Neuanfang in Freiheit unternehmen, stößt dabei allerdings auf subtile Zwänge und Tücken, über die sie und ihr schwuler schwarzer Mitbewohner stolpern. Feys komödiantische Beschäftigung mit Rassismus und Sexismus beschäftigte zu Serienstart von "Kimmy Schmidt" die US-amerikanische TV-Kritik intensiv, von der "New York Times" bis zum "New York"-Magazin.

Für Kristen Wiig, Tina Fey, Melissa McCarthy, Maya Rudolph, Amy Poehler und Amy Schumer sind Sexismus und abgeschmackte Klischees der eigentliche Witz, der unendlich viel Stoff für Blödeleien liefert. Angesichts dessen wirken die Sorgen, Political Correctness würde dem Spaß zuleibe rücken, und die Verteidiger des in abertausend Varianten erzählten Herrenwitzes wie aus einem anderen Jahrtausend. (Beate Hausbichler, 27.9.2015)