An der Wirtschaftsuniversität Wien hat ein Professor jahrelang Studentinnen belästigt.

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Wien – Er hat Studentinnen am Busen berührt, Fotos von einem Penis verschickt, eine Mitarbeiterin dazu aufgefordert, mit ihm zu "schmusen". Ein Professor der Wirtschaftsuni Wien ließ über Jahre anzügliche Bemerkungen fallen. Im Bericht der unabhängigen Disziplinarkommission, die beim Wissenschaftsministerium angesiedelt ist, sind Schilderungen von dreizehn Studentinnen und Mitarbeiterinnen zu lesen. Auch an ihrer Unterwäsche soll der Professor gezupft haben.

Die Kommission hat im Mai entschieden, dass er wegen dieser Dienstrechtsverletzungen vier Monatsgehälter Strafe zahlen muss. Von einer Entlassung, die das Beamtendienstrecht ebenfalls als Disziplinarstrafe vorsieht, hat die Kommission abgesehen. Auch die höchste Geldstrafe – fünf Monatsgehälter – wurde nicht verhängt. Begründung: Der Professor habe seine Pflichten in Forschung und Lehre bisher ordentlich erfüllt, habe Reue gezeigt und zur Wahrheitsfindung beigetragen. Im Wiederholungsfall würde er entlassen.

Der zuständige Disziplinaranwalt hat sich gegen eine Berufung des Bescheids entschieden. Das kritisiert der Verband Sozialistischer Studentinnen (VSStÖ). In einer Anfrage an das Wissenschaftsministerium will die Vorsitzende Katrin Walch eine genaue Begründung dafür. "Eine solche Beschwerde wäre meines Erachtens notwendig gewesen, da zumindest seit 2006 Fälle von Übergriffen dieses Professors bekannt sind. Zudem geht aus dem Schuldspruch deutlich hervor, dass der Professor regelmäßig und gezielt aufgrund eines bestimmten Verhaltensmusters vorgegangen ist", schreibt Walch.

Verzicht "unverständlich"

Es sei unverständlich, dass auf die Beschwerde verzichtet wurde, sagt ein Sprecher des VSStÖ. Der Fall wäre dann bei der nächsten Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof, gelandet.

Der Disziplinaranwalt lässt in einer Stellungnahme ausrichten, dass das Strafausmaß seiner Meinung nach schuldangemessen war. Es entspreche auch der Judikatur, aus diesem Grund habe er auf weitere Rechtsmittel verzichtet. Der Anwalt ist dem Wissenschaftsministerium unterstellt. Dort betont man, dass er und die Kommission unabhängig sind.

Die Wirtschaftsuniversität selbst kann den Professor nicht entlassen. Rektor Christoph Badelt hat wiederholt kritisiert, dass dies aufgrund des Beamtendienstrechts und der Pragmatisierung des Professors nicht möglich sei und gefordert, dass das Gesetz nachgeschärft wird. Die Hochschule hat sich nun mit ihrem Mitarbeiter auf eine vierjährige Karenzierung ohne Bezüge geeinigt.

Kein Kommentar von Steßl

Im Büro von Staatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) will man sich zu dem Fall nicht äußern. Nur so viel sagt ein Sprecher: Grundsätzlich ermögliche auch das Beamtendienstrecht eine Entlassung.

Der Vizerektor für Personal an der Wirtschaftsuni, Michael Meyer, bestätigt dem STANDARD, dass der Professor nach vier Jahren wieder auf seinen Posten zurückkehren kann. "Es ist aber die Frage, ob er das auch tun wird." Er habe auch die Möglichkeit, sich noch einmal für sechs Jahre karenzieren zu lassen.

Seitens der Universität habe man den Professor dazu gedrängt, einer Karenzierung zuzustimmen. "Er hat eingesehen, dass eine weitere Arbeit für die betroffenen Frauen und auch für ihn selbst extrem belastend wäre." Der Universität wäre es natürlich lieber gewesen, wenn der Professor sie ganz verlassen hätte, aber "man muss auch verstehen, dass er seinen Beamtenstatus nicht aufgeben will".

Amtsverlust bei Urteil

Ein automatischer Amtsverlust des Professors würde dann folgen, wenn er rechtskräftig nach dem Strafgesetz verurteilt würde. Die Belästigungen seien aber laut den Rechtsexperten der WU, aber auch jenen der Disziplinarkommission, strafrechtlich nicht relevant, sagt Meyer. "Sonst hätte Strafanzeige erstattet werden müssen. Aber das Sexualstrafrecht ist hier nach wie vor zahnlos." Den Namen des Professors darf Meyer aufgrund des Amtsgeheimnisses weiterhin nicht nennen. (Lisa Kogelnik, 24.9.2015)