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Stein des Anstoßes: einer der beiden Hubschrauberträger, die Frankreich ursprünglich Russland verkaufen wollte, nun aber gegen saudi-arabisches Geld an Ägypten abgibt.

Foto: AP / David Vincent

François Hollande glaubte wohl, er habe sich elegant aus der Mistral-Affäre gezogen. Nur wenige Wochen nachdem der Verkauf der beiden Hubschrauberträger an Russland an der Ukraine-Krise gescheitert war, hat der französische Staatschef in Ägypten einen neuen Abnehmer gefunden. Besser gesagt: in Saudi-Arabien und dessen Golfpartnern. Sie schießen den Kaufpreis vor, da der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Sisi selbst nicht ausreichend zahlungsfähig ist.

Der Deal hat auch einen geopolitischen Hintergrund: Saudi-Arabien und Ägypten sind für Frankreich neuerdings "strategische Partner". Das erklärt wohl auch, warum die Saudis so bereitwillig mitgeholfen haben, Frankreich aus der Mistral-Patsche zu ziehen.

Sisi, aber nicht Assad

Trotz alldem kann sich Hollande nicht recht freuen. Denn in Paris hagelt es Kritik an dem Rüstungsdeal. Das Onlineportal "Mediapart" titelte etwa: "Hollande zieht den Diktator Sisi dem Autokraten Putin vor." Im Internet zirkulieren Kommentare wie: "Die Kriegsschiffe gehen an eine Diktatur, die grundlegende Menschenrechte mit Füßen tritt."

Die Kritik ist auch deshalb so laut, weil Frankreich bereits im Februar 24 Rafale-Kampfjets an Sisi verkauft hat. Das Vordenkerblatt "Le Monde" sprach schon damals von einem "moralischen Schiffbruch" und fragte: "Warum machen wir aus dem Ägypter Sisi unseren besten Freund im Nahen Osten und behandeln den Syrer Bashar al-Assad wie einen Paria, obwohl die beiden Männer gleich viel Blut an ihren Händen oder zumindest das gleiche rhetorische Programm haben?"

Kopfschütteln im Außenministerium

In der Tat hatte die französische Staatsführung Assad noch 2008 mit allem diplomatischen Pomp in Paris willkommen geheißen. Heute lehnt Hollande jede Verhandlung mit dem syrischen Regenten kategorisch ab. Wie zuvor schon in den Verhandlungen mit dem Iran gibt er sich damit bedeutend härter als die anderen Europäer und die USA.

Doch die Entrüstung Hollandes über Assads Schandtaten wirkt aufgesetzt, nicht nur wegen der Rüstungsgeschäfte mit Ägypten. Frankreich hat nämlich schon länger einen strategischen Kurswechsel im Nahen Osten vollzogen und sich auf die Seite sunnitischer Staaten und vor allem Saudi-Arabiens geschlagen. Selbst im Außenministerium in Paris schütteln Diplomaten den Kopf darüber, dass Hollande – wie schon sein Vorgänger Nicolas Sarkozy – so kompromisslos auf die zahlungskräftigen Golfstaaten setzt.

Kritik an Hinrichtungen fehlt

Auf jeden Fall zeigt sich der sozialistische Präsident geradezu blind gegenüber den menschenrechtlichen Implikationen seiner neuen "politique arabe". Anfang Mai, als er in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad neue Rüstungsgeschäfte abschloss, verlor er kein Wort darüber, dass seine Geschäftspartner gleichentags fünf Menschen hinrichten ließen.

Dabei fühlt sich Frankreich seit langem als moralische Speerspitze im Kampf gegen die Todesstrafe. Zur neuesten saudi-arabischen Absicht, den 21-jährigen Kundgebungsteilnehmer Ali al-Nimr zu enthaupten, anschließend zu kreuzigen und dann den Vögeln darzubieten, konnte Hollande daher nicht gut schweigen: Mit einem dürren Satz regte er die Aussetzung der Strafe an. (Stefan Brändle aus Paris, 25.9.2015)