Tegucigalpa – In Honduras muss sich Vize-Parlamentspräsidentin Lena Gutiérrez wegen eines Korruptionsskandals vor Gericht verantworten. Die Justizbehörden erhoben am Mittwoch Anklage wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder und Betrugs, wie ein Sprecher mitteilte. Auch gegen Gutiérrez' Vater und zwei ihrer Brüder wird ermittelt.

Gutiérrez sollen Geld angenommen haben, das bei der Sozialbehörde veruntreut wurde. Weil die Vize-Parlamentspräsidentin eine Kaution zahlte, muss sie während des Verfahrens nicht in Untersuchungshaft.

Ihr Anwalt wies die Vorwürfe zurück und kündigte an, gegen die Anklage Einspruch zu erheben. Er werde beweisen, dass die Familie Gutiérrez nicht in den Skandal verwickelt sei.

330 Millionen Dollar gestohlen

Wegen des Korruptionsskandals steht auch Präsident Juan Orlando Hernández stark unter Druck. Er hatte im Juni eingeräumt, dass auch seine konservative Nationalpartei veruntreutes Geld angenommen hat. Bei einer von ihm selbst in Auftrag gegebenen Untersuchung kam heraus, dass die Partei 94.000 Dollar (84.370 Euro) erhielt, die sie 2013 in den Wahlkampf investierte. Insgesamt geht es jedoch um rund 330 Millionen Dollar (296 Millionen Euro), die von der Sozialbehörde gestohlen worden sein sollen. Rund ein Dutzend Verdächtige sitzen bereits in Haft.

Der Skandal löste in Honduras eine beispiellose Protestwelle aus, die sich auch gegen Hernández richtet. Seit Monaten gehen jede Woche Zehntausende Menschen auf die Straße, um für seinen Rücktritt und die Einsetzung einer internationalen Anti-Korruptionskommission zu demonstrieren. (APA, 01.102.015)