Viel wird sich an der Schnittstelle zur IT bewegen, sagen Experten.

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Digitalisierung, ungewöhnliche Mitbewerber, neue Regulierungen: Die Finanzbranche unterliegt radikalen Veränderungen, die klassische Finanzjobs sukzessive wegfallen lassen und neue Beschäftigungsbereiche hervorbringen.

"Im krisengeschüttelten Bankensektor wird laufend stark Personal abgebaut", sagt Manfred Dirngrabner, Leiter des Instituts Financial Management an der Fachhochschule Wien der WKW. "Früher sehr wichtige Funktionen wie beispielsweise der Wertpapierhändler oder der Portfoliomanager werden zurückgefahren."

Mehr Jobs gäbe es hingegen dort, wo neue, als Reaktion auf die Finanzkrise geschaffene EU-Richtlinien stärkere Regulierung einfordern: im Compliance- und Risk-Management. "Diese Bereiche werden stark ausgeweitet, der Bedarf an qualifizierten Leuten steigt", prognostiziert die seit Jahren in diesem Bereich tätige Executive-Searcherin Helga Rantasa.

Digitalisierung

Banken und Versicherungen, international aufgestellte Großunternehmen, würden heute ebenso eng mit Risk-Managern zusammenarbeiten wie öffentliche Institutionen. "Auch sie brauchen Leute, die sich auskennen. Wenn Sie zum Beispiel an den Finanzskandal in Salzburg denken: Das Malheur ist passiert, weil sie so etwas nicht hatten", sagt Stefan Pichler, Leiter des Masterstudiengangs Finance, Banking and Insurance an der Wirtschaftsuni Wien.

Dass dringend nach geeigneten Mitarbeitern gesucht wird, zeigt auch der Fachkräfte-Index des Beratungsunternehmens Hays. Daraus geht hervor, dass die Nachfrage nach Risk-Managern größer ist als die Zahl der Kandidaten, die sich für eine solche Position interessieren.

Beschäftigungsmöglichkeiten für Risk-Manager gibt es schließlich auch in Beratungen und Wirtschaftsprüfungskanzleien, "bis hin zu spezialisierten IT-Unternehmen, die Software für Risikomanagementabteilungen herstellen" , sagt Pichler.

Durch die rasante digitale Transformation des Sektors -"2020 werden 95 Prozent der Transaktionen online abgewickelt werden" – steige der Bedarf an technikaffinen Mitarbeitern weiter, sagt Rantasa.

IT-Experten gesucht

Auch Dirngrabner beobachtet, dass Finanzexperten heute immer stärker an der Schnittstelle zur IT eingesetzt werden. "Der Mitarbeiter, der hier gefragt ist, muss sowohl über Prozessabläufe Bescheid wissen als auch IT-Kenntnisse mitbringen, um diese Prozesse zu implementieren."

Sie sollen mit Programmierern kommunizieren können sowie in der Lage sein, "Prozesse so zu strukturieren, dass man sie auch IT-technisch abbilden kann".

Zum Programmieren werden eigens Experten gesucht, für die Analyse großer Datensätze sogenannte Data-Scientists. So zeigt eine IBM-Studie zum Thema, dass allein zwischen 2012 und 2014 der Einsatz dieser Methoden von 65 auf 78 Prozent gestiegen ist. Rantasa: "Big Data wird künftig eine große Rolle spielen."

Groß ist offenbar auch der Bedarf an Finanzanalysten, die digitale Umstellungen begleiten, wie ein aktueller Bericht des Personalberaters Robert Half zeigt. Demnach bedarf es auch neuer Mitarbeiter im Bereich Finanzmanagement.

Die traditionell wichtigen Bereiche Investmentbanking und und Unternehmensfinanzierung würden stabil bleiben, nach wie vor allerdings nur für einige wenige attraktive Jobs bieten, sagt Dirngrabner: "Nach wie vor sind das bedeutende Zweige, Unternehmensfinanzierung braucht jedes Unternehmen, vor allem international tätige. Punkten kann man mit viel Spezial-Know-how."

Fin-Techs

Und welche neuen Beschäftigungsmöglichkeiten bieten kleine Finanz-Start-ups, sogenannte Fin-Techs? "Fin-Techs sind eine große Konkurrenz für Banken und werden immer mehr technologieaffine Leute brauchen", sagt Rantasa.

Eine "große Zukunftsperspektive" prognostiziert Dirngrabner den Fin-Techs aber nicht: "Gerade der Finanzbereich in einem Unternehmen ist immer auch Vertrauenssache. Wenn es eine langjährige Geschäftsbeziehung mit einer Bank oder einem Finanzhaus gibt, werden Sie sich schwertun, auf andere Formen umzusteigen", sagt er. "Ich sehe sie mehr als Ergänzung zum traditionellen Finanzspektrum." (Lisa Breit, 5.6.2015)