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In sechs Jahren und für bis zu 3 Mrd. Euro will die Betreibergesellschaft Fraport ein Gebäude bauen, in dem jährlich rund 15 Millionen Fluggäste abgefertigt werden können.

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Frankfurt – Der neue Terminal am Frankfurter Flughafen soll vor allem dem Komfort einer ständig wachsenden Zahl von Fluggästen dienen. Schon der erste Bauabschnitt stellt viele deutsche Flughäfen in den Schatten.

Nach jahrelangem heftigen Streit rollen nun die schweren Baugeräte, um im Süden des Frankfurter Flughafens ein neuer Passagierterminal zu errichten. In sechs Jahren und für bis zu 3 Mrd. Euro will die Betreibergesellschaft Fraport ein Gebäude bauen, in dem jährlich rund 15 Millionen Fluggäste abgefertigt werden können. Das entspricht der Größe des Flughafen in Hamburg und liegt deutlich über den Zahlen von Köln/Bonn oder Stuttgart. Am Montag (5. Oktober) ist Spatenstich.

Wozu braucht Fraport der dritte Terminal?

Um der ständig steigenden Zahl der Passagiere organisatorisch Herr zu werden. "Es geht um die Qualität der Abfertigung", sagt Fraport-Chef Stefan Schulte. Die beiden bestehenden Terminals steuern einer Studie zufolge bei ständig steigenden Fluggastzahlen auf einen Kollaps zu. Spätestens bei 71 Millionen Passagieren pro Jahr seien die Kapazitätsgrenzen etwa für Kontrollen, Warteräume, Check-In und Grenzformalitäten zuerst im Terminal 2 nahezu erschöpft. Der Flughafenbetreiber will zudem möglichst wenige Jets auf dem Vorfeld be- und entladen. Bei der Zahl der komfortableren Gebäudepositionen liege Frankfurt hinter den Wettbewerbern zurück. Schlechter Service ziehe vor allem Billigflieger, nicht aber Qualitäts-Airlines an.

Wer wird das neue Gebäude nutzen?

Fraport will die zusätzlichen Kapazitäten ab 2022 vor allem an sogenannte "Non-Star-Airlines" vergeben. Das meint Gesellschaften, die nicht der vom Hauptkunden Lufthansa dominierten "Star Alliance" angehören, die wegen der Umsteigebeziehungen weiterhin an den Terminals 1 und 2 bleiben sollen. Der weiter entfernte Terminal 3 ist aber durchaus alleine groß genug, um einen kleineren Umsteigeknoten zu schaffen. Also könnte ein anderes Bündnis von Fluglinien sich dort einmieten wie OneWorld (British Airways, Cathay Pacific u.a.) oder SkyTeam (Air France, Delta, Aeroflot). Auch Billigflieger oder die arabischen Lufthansa-Konkurrenten wie Qatar, Etihad und Emirates könnten künftig im Süden des deutschen Drehkreuzes ausladen.

Wird es mit den neuen Kapazitäten zusätzliche Flüge geben?

Die Kapazitäten des Frankfurter Flughafens sind grundsätzlich durch das komplizierte Bahnensystem beschränkt. Ein zusätzliches Gebäude schafft keine zusätzlichen Zeitfenster für Starts und Landungen, sogenannte Slots, die auch wegen des Nachtflugverbots eingeschränkt sind. Wegen des Einsatzes größerer Flugzeuge ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Flugbewegungen absolut zurückgegangen, obwohl mehr Passagiere den Flughafen nutzten. Das muss aber bei jährlichen Steigerungsraten nicht so bleiben.

Was sagen die Ausbaugegner?

Am Tag des Spatenstichs haben die Bürgerinitiativen ihre 151. Montagsdemonstration gegen die Flughafenerweiterung ausgerufen. Auf einen Protest am Bauzaun werde man verzichten und stattdessen am Abend im Terminal seine Meinung lautstark kundtun, kündigte ein Sprecher an. Die Bürger wollen aus Sorge um Umwelt und Gesundheit der Bevölkerung die vor vier Jahren in Betrieb genommene Landebahn Nordwest wieder schließen und das Terminal 3 verhindern. Die Zahl der Flugbewegungen soll auf 380.000 pro Jahr beschränkt werden – das sind rund 90.000 weniger als aktuell geflogen werden.

Was ist aus dem Widerstand der Grünen geworden?

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht im April 2012 die Planfeststellung für Landebahn und Terminal 3 bestätigt hat, ist bei den Grünen die Luft raus. Der grüne Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir musste sich im Landtag zuletzt rechtfertigen, weil er nicht an der Spatenstich-Zeremonie teilnimmt. Sein Haus hatte zu Beginn der schwarz-grünen Koalition die planfestgestellten Ausbaupläne noch mal überprüfen lassen und Alternativen vorgeschlagen. Letztlich blieb es aber bei der Planung im Süden des Flughafens, für die schließlich die Stadt Frankfurt Baurecht erteilte.

Ist ein ähnliches Bau-Desaster wie in Berlin-BER zu erwarten?

Im Moment spricht nichts dafür. Fraport verzichtet auf einen Generalunternehmer, weil das Unternehmen laut Schulte genug eigene Kompetenz hat, das Großprojekt mit einem Investitionsvolumen zwischen 2,5 und 3 Mrd. Euro selbst zu stemmen. Die vorerst letzte Terminal-Erweiterung, der Flugsteig A-Plus mit einer Jahreskapazität von 6 Millionen Passagieren, wurde im September 2012 ohne Verzögerungen in Betrieb genommen. Als technischer Leiter wurde der Ingenieur Horst Amann zurückgeholt, nachdem er als Feuerwehrmann beim Berliner Flughafenprojekt nicht weitermachen konnte.

In den vergangenen Jahren ist der mit Abstand größte deutsche Flughafen in Frankfurt – internationales Kürzel FRA – stetig gewachsen und erweitert worden. 1972 wurden der Terminal 1 und der dazugehörige Tiefbahnhof eröffnet. 1994 folgten Terminal 2 und die Hochbahn Sky Line, die beide Abfertigungsgebäude für Passagiere miteinander verbindet.

2014 knapp 59,6 Millionen Passagiere

Für die Kapazität entscheidend sind aber die verfügbaren Start- und Landebahnen. Die beiden parallelen Start- und Landebahnen (Süd und Central) stammen aus dem Jahr 1949. Gegen scharfe Proteste wurde der Flughafen um die Startbahn West (Inbetriebnahme 1984) und die Landebahn Nordwest (2011) erweitert.

Im vergangenen Jahr nutzten knapp 59,6 Millionen Passagiere das Drehkreuz, 55 Prozent davon waren Umsteiger. Laut Studien wird die Zahl der Fluggäste in Frankfurt bis zum Jahr 2021 auf zwischen 68 und 73 Millionen ansteigen. Mit den beiden bestehenden Terminals wäre dieser Andrang laut Fraport nicht mehr zu bewältigen. (APA, dpa, 1.10.2015)