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Michelangelo ein Fälscher? Bei einem Genie wie ihm würde man das ausschließen. Und doch stimmt es: Gerade einmal 21 Jahre alt war Buonarotti, als er die Figur eines schlafenden Eros schuf (seit dem Brand 1698 im Londoner Whitehall Palace allerdings verschollen) und als originale römisch-antike Skulptur verkaufte. Als der Geprellte, Kardinal Riario, Jahre später hinter den Betrug kam, retournierte er das Werk. Michelangelos Karriere, der sich inzwischen, "zur heißesten Nummer Roms entwickelt" hatte, wie Kunsthistoriker Noah Charney es formulierte, tat das allerdings keinen Abbruch. Vermutlich, weil er so bewiesen hatte, den Ahnen ebenbürtig zu sein.

In seinem Buch "Original Meisterfälscher. Ego, Geld & Größenwahn" (Brandstätter-Verlag, Wien, 296 Seiten, € 29,90) ordnet Charney den reichen Anekdotenfundus nach Motiven: Neben dem Beweis eigener Genialität, Ruhm, Gier und Macht zählt auch Rache dazu, wie bei dem Vermeer-Fälscher Han van Meegeren: Der revanchierte sich dafür, dass seine eigenen Bilder vom Markt verschmäht wurden. Aber auch Stolz gehört dazu und ist besonders lästig, wenn Museen ihre Irrtümer aus lauter Angst nicht eingestehen wollen. Der Kunstwelt fehle Humor, so Charney. (kafe, 1.10.2015)