Rebhuhnjagd mit gezüchteten Tieren: Die Kisten werden im Revier ausgelegt, kurz vor Jagdbeginn geöffnet, die Tiere mit Hunden aufgescheucht – und von den wartenden Jägern abgeschossen.

Foto: VGT

Wien – "Wildtiere", die extra für jagdliche Zwecke gezüchtet, gehalten, ausgesetzt und eingezäunt werden: Diese umstrittene Jagdpraxis spaltet die Jägerschaft. "Das hat nichts mit Jagd in Form von ökologischer Regulierung und restriktiver Nutzung zu tun", sagt etwa Jagdexperte und Tierarzt Rudolf Winkelmayer. "Hier wird nur zum Spaß auf Tiere geschossen."

An der Grenze

Ein aktueller Fall, jedoch kein Einzelfall, soll in einem Jagdrevier an der österreichisch-ungarischen Grenze stattgefunden haben. Beim Halten und Aussetzen von gezüchteten Rebhühnern soll es Verstöße gegen das Jagd- und das Tierschutzgesetz gegeben haben.

Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) erstattet mehrere Anzeigen. "Wir haben beobachtet, dass am Samstag im Jagdrevier von Mensdorff-Pouilly eine Jagd auf ausgesetzte Zuchttiere vorbereitet wurde", sagte VGT-Obmann Martin Balluch zum STANDARD.

Konfrontiert mit diesem Vorwurf, reagierte der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly am Sonntag verwundert: "In meinem österreichischen Jagdrevier hat am Samstag keine Jagd stattgefunden", sagte er im STANDARD-Gespräch. Er selbst befinde sich momentan auf Gamsjagd in Tirol.

Ausgesetzte Rebhühner

Nicht in Tirol, sondern in Mensdorff-Pouillys Jagdrevier an der österreichisch-ungarischen Grenze war hingegen Martin Balluch.

Er erzählt: "Dort wurden Rebhühner auf österreichischer Seite in kleine Käfigkisten gestopft und dann im Gebüsch und Gehölz knapp über der Grenze versteckt." Gegenüber den Auslegestellen sollen sich in die Erde gesteckte Holzstöcke befunden haben, "damit die zahlenden Jagdgäste wissen, wo sie stehen müssen".

Die Jagd auf gezüchtetes Federwild

Generell würden bei einer derartigen Jagd die gezüchteten Tiere aus den Käfigen gelassen "und von Hunden und Menschen aufgescheucht, damit die zahlenden Jäger sie abschießen können", erzählt der Tierschützer.

Die Jagd am Samstag wurde laut Balluch abgesagt, nachdem die Bediensteten gemerkt hätten, dass sie beim Befüllen und Auslegen der Kisten beobachtet worden seien. Auf angrenzendem ungarischem Boden hat laut Mensdorff-Pouilly hingegen eine Jagdgesellschaft "den ganzen Tag gejagt".

Jagdpraktik verbieten

Für VGT-Obmann Balluch ist klar: "Es muss generell verboten werden, dass in Österreich Tiere für jagdliche Zwecke gezüchtet, gehalten und ausgesetzt werden."

Im Burgenland könnte die geplante Reform des Landesjagdgesetzes diese Jagdform künftig untersagen. Zumindest die Grünen wollen sich einsetzen, "dass diese Abschusspraxis endlich verboten wird", sagt Landtagsabgeordneter Wolfgang Spitzmüller.

Mensdorff-Pouilly: Wenn nicht in Österreich, dann woanders

Jagdrevierbesitzer Mensdorff-Pouilly gibt zu bedenken: "Diese Form der Jagd in Österreich zu verbieten macht keinen Sinn. Dann finden die Jagden eben in Ungarn oder Rumänien statt – so wie schon jetzt."

Ein Verbot der Jagd auf gezüchtete, ausgesetzte und eingezäunte Tiere sei in Burgenland aber momentan ohnehin nicht angedacht, erklärt Agrarlandesrätin Verena Dunst (SPÖ): "Das Aussetzen von gezüchteten Tieren soll primär der Aufrechterhaltung des Niederwildbestands dienen."

Balluch kontert: "Diese Zuchttiere sind in der freien Natur aber nicht überlebensfähig, weil sie zum Beispiel gekürzte Schnäbel haben." Im genannten Jagdrevier sei auch kein Niederwildbestand vorhanden: "Die Tiere werden kurz vor der Jagd ausgelassen, abgeschossen und sind wieder weg."

Jarolim: Jägerschaft zu schwach

Auch SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim stößt sich an dieser Form der Jagd und kritisiert vor allem die Jägerschaft: "Offenbar ist sie handlungsunfähig und zu schwach, um diese Missstände abzustellen. Von Ritterlichkeit kann angesichts der unwürdigen Vorgehensweisen keine Rede sein. Die Jäger sind nicht Manns genug, offen auszusprechen, dass diese Praktik unerträglich ist."

Ähnlich sieht es auch Wildtierbiologin Karoline Schmidt. Selbst Jägerin, sagt sie: "Viele Jäger sehen in dieser Abschusspraxis eine Verirrung der Jagd. Ich hoffe, dass mehr Gegner den Mut finden, sich offen dagegen auszusprechen." Jagdkritiker und Karikaturist Bruno Haberzettl spricht überhaupt von der "pervertiertesten und schizophrensten Jagdform".

Zeitgemäße Landesjagdgesetze

Auch in Wien wird gejagt, darum möchte sich SPÖ-Gemeinderatskandidat Sebastian Bohrn-Mena für eine Reform des Landesjagdgesetzes einsetzen: "Ein Jagdgesetz im Jahr 2015 muss ökologische und tierschutzethische Aspekte beinhalten. Nicht der Spaß am Jagen, sondern das Wohl der Tiere muss im Fokus sein."

"Wildtiere sind nicht Eigentum der Jäger, sie gehen uns alle an", so Schmidt. (Victoria Windtner, 5.10.2015)