Wien Die Wirtschaftsuniversität (WU) hat Anfang Oktober im Zuge ihres NS-Provenienzforschungsprojekts knapp 700 Bücher aus den Beständen ihrer Bibliothek an die Erben von Leopold Singer (1869-1942) retourniert. Der jüdische Chemiker war 1939 gezwungen worden, Wien zu verlassen.

Im Zuge des im Mai 2010 gestarteten Forschungsprojektes wurden bisher rund 51.000 Bände aus dem Untersuchungszeitraum 1933-1946 im Bestand der WU-Hauptbibliothek auf ihre Provenienz hin untersucht. Bedenkliche Erwerbungen wurden dokumentiert, in nationalen und internationalen Archiven recherchiert und im Online-Katalog sichtbar gemacht. Zudem wurden Dossiers erstellt, um die Erbensuche und die Vorbereitung von Restitutionen voranzutreiben.

Laufende Untersuchungen

Dabei arbeitet die WU mit dem Nationalfonds, der Israelitischen Kultusgemeinde und der Arbeitsgruppe NS-Provenienzforschung der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB) zusammen. So konnten etwa in den vergangenen beiden Jahren Werke an den Filmemacher Wolf Suschitzky und die Arbeiterkammer zurückgegeben werden. Insgesamt wurden 1.121 potenziell bedenkliche Erwerbungen ausgemacht, die 74 Personen und 118 Institutionen zugeordnet wurden.

Nicht eindeutig geklärt werden konnte, wie die vor allem dem Gebiet der Petrochemie zuzuordnenden Werke Singers an die WU-Bibliothek kamen. Es bestehe der "begründete Verdacht, dass diese im März 1942 im Dorotheum erstanden wurden, in einer Lieferung von 87 Kisten an die WU-Bibliothek kamen und in den Bestand der Bibliothek aufgenommen wurden". Bis Ende 2015 sollen weitere 15.000 Bände aus dem Untersuchungszeitraum 1946-1950 überprüft werden. (APA, red, 5.10.2015)