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Soldaten der libyschen Armee in Bengasi. Ob der Konflikt mit Islamisten und Milizen in nächster Zeit lösbar ist, sollen UN-Gespräche in den kommenden Tagen zeigen.

Foto: Reuters / Esam Omran al-Fetori

Tripolis/Kairo – Libyens Parlament in Tobruk hat in der Nacht zum Dienstag seine eigene Amtsperiode verlängert. So lange, bis Wahlen auf Basis einer neuen Verfassung stattfinden, werde man weiterarbeiten, beschlossen die Abgeordneten. Eigentlich sollte das Mandat der Kammer am 20. Oktober auslaufen. An einem neuen Grundgesetz arbeitet zwar gegenwärtig eine Kommission. Noch ist aber nicht abzusehen, wann ihr Entwurf fertig ist.

Mit dem Beschluss sorgt das Parlament in Tobruk für den Fall vor, dass der von den UN in Marokko geführte Dialog endgültig scheitert. Die UN hatten allerdings vor diesem Schritt gewarnt, weil so eine Einigung über eine Einheitsregierung mit den Rivalen aus Tripolis noch schwieriger wird. Die Gespräche im Badeort Shkirat hängen derzeit in der Luft.

Unterschiedliche Interpretationen

Beide Seiten machen sich zwar mit Worten für eine politische Lösung zwischen den beiden Blöcke stark, keine Seite will aber von ihren Forderungen abweichen. In diesen Tagen versucht Vermittler Bernardino León – mit ungewissem Erfolg – eine Verständigung über einen künftigen Regierungschef und zwei Stellvertreter zu erzielen. Immerhin bekommen mittlerweile auch die Milizchefs den Unmut der Bevölkerung zu spüren, die unter den Kriegswirren leidet. Die Zerstörungen – vor allem in Bengasi – sind massiv.

Die UN haben in einem neuen Bericht über die humanitäre Lage festgestellt, dass drei Millionen Libyer vom bewaffneten Konflikt direkt betroffen sind und 2,44 Millionen humanitäre Hilfe benötigen. Das sind 40 Prozent. Zu ihnen zählen vor allem die mehr als eine Million Flüchtlinge im eigenen Land, aber auch hunderttausende Migranten und Asylsuchende.

Massive Unterversorgung

Das einst reiche Land ist nicht mehr in der Lage, seine Bevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen. Die Infrastruktur, besonders für Wasser und Strom, ist schwer beschädigt. Das Gesundheitssystem kollabiert. Zwei Millionen Menschen würden medizinische Hilfe benötigen.

Markant sind die regionalen Unterschiede. In Bengasi sind 84 Prozent der Einwohner auf Unterstützung angewiesen, im zentral gelegenen Sabha 73 Prozent, in der Hauptstadt Tripolis 47 Prozent. Viele NGOs haben das Land aus Sicherheitsgründen verlassen und versuchen von außerhalb des Landes, meist aus Tunesien, mit lokalen Gruppen zu arbeiten. (Astrid Frefel, 6.10.2015)