Eloquenz, gutes Aussehen oder Kleidungsstil können urteile maßgeblich beeinflussen – auch im Job.

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Bei Einstellungen, Gehaltsverhandlungen oder Beförderungen, beim Loben und Tadeln ihrer Mitarbeiter, können Führungskräfte in die Falle diverser psychologischer Effekte tappen. Acht davon beschreibt Berater Robert Müller in seinem neuen Buch:

Damit ich nichts falsch mache: Tendenz zur Mitte

Das Phänomen, sich nicht ganz für die eine oder andere Seite entscheiden zu wollen, ist der Sozialforschung bekannt – bei Befragungen kreuzen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bevorzugt "weder noch" oder "trifft manchmal zu" an, so müssen sie sich nicht festlegen.
Agieren Chefs auf diese Weise, vermitteln sie den Eindruck, als wären sie sich ihrem Urteil nicht sicher – und als wären die Leistungen des Mitarbeiters nur mittelmäßig.

Ich bin der Maßstab: Selbstbezug

Eine Führungskraft, die sich selbst sehr um ein genaues Arbeiten bemüht und zu Perfektionismus neigt, wird aller Voraussicht nach bei ihren Mitarbeitern einen ähnlich hohen Maßstab anlegen. Schätzt jemand sich selbst als besonders effektiv und effizient ein, ist er oder sie häufig auch der Überzeugung: "Effizienter und produktiver als ich kann eigentlich keiner sein".

Den mag ich einfach: Sympathie-Effekt

Oft entscheidet auch einfach Sympathie darüber, wen ein Chef eher lobt. Vielleicht teilt er mit einigen Mitarbeitern eher als mit anderen Hobbys und Interessen. Besonders gefährlich ist die Sympathiefalle bei Gehaltsverhandlungen und Beförderungen: Führungskräfte bevorzugen dort vielleicht unbewusst Mitarbeiter, mit denen sie auch privat gerne Zeit verbringen würden.

Eins gut, alles gut: Der Halo-Effekt

Oft kann eine besondere Eigenschaft, ein besonderes Merkmal alle anderen überstrahlen. Das kann ein schicker Kleidungsstil sein, ein charismatisches Auftreten oder Wortgewandtheit. Ist ein Mitarbeiter eloquent und witzig, kann sich und seine Arbeit sehr gut präsentieren, neigen Vorgesetzte vielleicht eher dazu, ihn als kompetent einzuschätzen – selbst wenn seine Leistungen in Wahrheit durchschnittlich sind.

Einmal ein Star immer ein Star: Der Kleber-Effekt

Führungskräfte schließen häufig auch aus bisherigen Leistungen ihrer Mitarbeiter auf künftige. Im Fachjargon nennt sich das "Kleber-Effekt". War ein Mitarbeiter in der Vergangenheit zuverlässig, motiviert oder brachte er ein Projekt besonders rasch zum Abschluss, bleiben solche Topreputationen oft haften – und Führungskräfte erkennen gar nicht, wenn die Leistung nachlässt.

Wenn man gut drauf ist: Stimmungseffekt

Persönliche Stimmungslagen beeinflussen die Beurteilung. Gut gelaunte Chefs erinnern sich vor allem an positive Leistungen, wie die Ergebnisse von Gedächtnisexperimenten zeigen. Sie sehen alles "durch die rosarote Brille", auch ihre Mitarbeiter.

Die Power-Strahlefrau: Der Blendereffekt

Es gibt Mitarbeiter, die Selbstmarketing bis zur Perfektion beherrschen und aus ihrem Ich eine Marke mit Strahlkraft schaffen, denen nur wenige widerstehen können. Sie treten selbstsicher auf, überzeugen andere mit ihrem Charisma, sind "Everybodys Darling". Bei solchen Mitarbeitern objektiv zu bleiben und den Maßstab anzulegen, der auch für andere gilt, fällt naturgemäß auch Chefs schwer.

8. Einfach ein toller Typ: Der Nimbus-Effekt

Studien belegen: Attraktiven Menschen wird meist mehr Kompetenz zugeschrieben als weniger attraktiven. Dasselbe gilt für Personen, die gut gekleidet sind oder eine besonders gewinnende Ausstrahlung haben. Hier kommt der so genannte Nimbus-Effekt zum Tragen. So assoziieren wir mit gut angezogenen Mitarbeitern oft Seriosität und Modernität. Aber auch soziale Zugehörigkeiten wie Geschlecht, Nationalitäten oder sozialer Herkunft spielen eine Rolle: Diese sozialen Kategorien beeinflussen oft die Art, wie wir Personen wahrnehmen und uns ihnen gegenüber verhalten. (lib, 8.10.2015)