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Haben einiges zu berden: Der ukrainische Präsident Petro Poroshenko und die IWF-Chefin Christine Lagarde.

Foto: apa / dolzhenko

Kiew – Wenig erfreuliches hat die IWF-Mission von ihrem zehntägigen Ukraine-Besuch mitgebracht. Laut einem Bericht des ukrainischen Internet-Mediums "Apostroph" haben die Experten Kiew Ende vergangener Woche "schlecht gelaunt" verlassen. "Der IWF ist unzufrieden mit der Durchführung der Reformen, der Effizienz der Korruptionsbekämpfung und der Reformierung des Bankensektors", schreibt die Webseite am Donnerstag unter Berufung auf Verhandlungskreise. Die Bevollmächtigten des IWF hätten auf keine ihrer Fragen eine vernünftige Antwort bekommen, heißt es weiter.

So hat es die Ukraine versäumt, einen speziellen Staatsanwalt für Korruptionsfälle zu bestellen, obwohl dies eigentlich bis Ende September hätte geschehen müssen. Premier Arseni Jazenjuk räumte auf einer Regierungssitzung ein, dass dies Probleme geben könne: "Ohne ihn gibt es weder Visafreiheit, noch die nächste Tranche des IWF, denn dies ist eins der Schlüsselelemente beim Kampf gegen die Korruption", sagte er. Seinen Angaben nach hat gerade erst die Ausschreibung für den Posten begonnen.

Steuern und Renten

Auch in anderen Punkten hinkt Kiew mit den Reformen hinterher: Das Bankensystem ist zwar schon ausgedünnt, doch noch immer sind nicht alle Finanzinstitute durch die Stresstests durch und haben ihre Kapitaldecke auf das Nötige aufgestockt.

Streit gibt es darüber hinaus um die Steuergesetzgebung und das Rentensystem. Der IWF bemängelt ein gewaltiges Defizit im Rentenfonds und ist deutlich weniger optimistisch gestimmt als die Regierung, was die Erfolge bei der Steigerung der Steuereinnahmen und der Bekämpfung der Schattenwirtschaft betrifft. Der Verweis auf den Konflikt im Donbass wird von den IWF-Experten nicht mehr als Entschuldigung für den Reformstau akzeptiert.

Im offiziellen IWF-Statement werden die Kritikpunkte nur leise angesprochen: Diskussionen über die Steuerpolitik würden fortgesetzt, "beträchtliche weitere Anstrengungen" zur Stärkung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien nötig, heißt es da. Für Kiew ist das Wohlwollen der Mission von größter Bedeutung, hängt doch davon die weitere Kreditvergabe ab.

Gelder in Gefahr

Bisher hat der IWF zweimal 1,7 Milliarden Dollar an die Ukraine überwiesen, bis Jahresende waren zwei weitere Tranchen in gleicher Höhe geplant. Die sind laut "Apostroph" nun in Gefahr. Da vor den anstehenden Regionalwahlen a m 25. Oktober zahlreiche ukrainische Politiker mit populistischen Forderungen aufwarten, hat der IWF die nächsten Gespräche auf Ende Oktober verschoben, um die Ergebnisse der Wahl abzuwarten.

Sollte sich dadurch die Auszahlung der dritten Tranche verzögern, warnt der Kiewer Wirtschafts- und Politikberater Alexander Kawa vor den Folgen: "Wenn die Ukraine keine Reserven hat, um Gas zu kaufen, kann es bei einem deutlichen Temperaturrückgang zu ernsthaften Problemen kommen", sagte er. (André Ballin, 8.10.2015)