Jerusalem – Die Welle von Gewalttaten in Israel und den besetzten Palästinensergebieten reißt nicht ab. Bei einem Messerangriff in Jerusalem wurde ein ultraorthodoxer Jude am Donnerstag schwer verletzt, eine israelische Soldatin erlitt laut Sicherheitskräften bei einer Attacke in Tel Aviv schwere Verletzungen, im Westjordanland griff ein Palästinenser einen Israeli an.

Bei der Messerattacke in Jerusalem erlitt ein 25 Jahre alter Jude schwere Stichwunden. Der Angreifer wurde laut Polizei überwältigt und festgenommen. Es handle sich um einen jungen Palästinenser aus dem nahegelegenen Flüchtlingslager Shuafat, sagte Polizeisprecherin Luba Samri.

Der Angriff ereignete sich an der Straßenbahnhaltestelle in der Nähe des nationalen Polizeihauptquartiers in Ostjerusalem. An dieser Stelle hatte es in den vergangenen zwölf Monaten mehrfach folgenschwere Angriffe mit Fahrzeugen gegeben, die von den Angreifern in Passantengruppen gesteuert wurden.

Achte Attacke in sechs Tagen

In Tel Aviv wurde eine Soldatin bei einem Angriff mit einem Schraubenzieher schwer verletzt. Der Angreifer sei angeschossen worden und später seinen Verletzungen erlegen, erklärten Polizei und Armee. Zur Identität des Täters wurden zunächst keine Angaben gemacht.

Am Nachmittag wurde ein Angriff in der Nähe der jüdischen Siedlung Kiryat Arba im Westjordanland bekannt, bei dem ein Palästinenser einen israelischen Zivilisten verletzte. Das Opfer wurde zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht. Es war die achte derartige Attacke auf Israelis in sechs Tagen. Die Angreifer waren zumeist junge Palästinenser. Vermutlich sind die Attacken nicht koordiniert.

Ministerpräsident Benjamin Netanyahu untersagte indes allen Ministern und Abgeordneten bis auf Weiteres den Besuch des Tempelbergs in der Jerusalemer Altstadt. Wie ein Regierungssprecher am Donnerstag bestätigte, gilt diese Verfügung zunächst unbefristet.

"Unsinnig und unrechtmäßig"

Die Polizei wurde angewiesen, die Politiker nicht auf das Hochplateau zu lassen, auf dem bis zum Jahr 70 der Jüdische Tempel stand und wo vor 1.300 Jahren die Moschee und der islamische Felsendom errichtet wurden. An der für Juden und Muslime heiligen Stätte entzünden sich immer wieder Konflikte.

Die arabischen Knessetmitglieder reagierten allerdings auf Netanyahus Verbot mit der Ankündigung, sie wollten geschlossen am Freitagsgebet in der Al-Aqsa-Moschee teilnehmen. Die Entscheidung des Ministerpräsidenten sei "unsinnig und unrechtmäßig", kritisierte Ahmad Tibi von der 13 Abgeordnete zählenden Vereinigten Liste arabischer Parteien.

Eskalation

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas bekräftigte einen Gewaltverzicht. "Wir lehnen Gewalt zur Durchsetzung unserer Ziele ab, befürworten aber den friedlichen Volkswiderstand gegen die Aggression", sagte Abbas bei einem Auftritt in Ramallah. Er forderte die israelische Regierung auf, sich von den heiligen islamischen Stätten fernzuhalten. "Aber unsere Hand bleibt ausgestreckt zum Frieden", betonte Abbas.

Die seit Wochen anhaltenden Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern waren in den vergangenen Tagen weiter eskaliert. Seit Donnerstag vergangener Woche wurden bei Anschlägen von Palästinensern vier Israelis getötet. Zudem wurden seit Samstag mehrere Palästinenser nach Attentaten oder am Rande von Protesten erschossen. (APA, 8.10.2015)