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Kevin McCarthy (links) will doch nicht John Boehner (rechts) nachfolgen.

Foto: Reuters/Cameron

Washington – Es ist schon der zweite unerwartete Rücktritt an der Spitze der US-Republikaner in nur zwei Wochen: Nach dem bisherigen Sprecher des Repräsentantenhauses John Boehner hat nun auch der aussichtsreichste Kandidat auf dessen Nachfolge, Kevin McCarthy, seinen Verzicht auf den Posten erklärt. Offenbar hat der Schritt den gleichen Hintergrund wie Boehners Ausscheiden aus dem Amt: Der immer stärker werdende Widerstand konservativer republikanischer Abgeordneter gegen den Versuch, zumindest Minimalkompromisse mit der Regierung von Präsident Barack Obama zu schließen.

Eigentlich hätten sich die Republikaner am Donnerstag in einer gemeinsamen Sitzung auf einen Kandidaten für das dritthöchste Amt der USA einigen sollen. Doch in den vergangenen Tagen war eine solche Übereinkunft immer unwahrscheinlicher geworden. Am Abend zog McCarthy die Konsequenzen: "Ich bin im Moment nicht der Richtige", soll er laut Kollegen gesagt haben. "Um uns zu einen, brauchen wir ein neues Gesicht an der Spitze."

Lange unumstritten

Zuvor hatten nach internen Zählungen zwischen 30 und 50 der insgesamt 246 Republikaner im Repräsentantenhaus dem kalifornischen Abgeordneten die Gefolgschaft verweigert. Für die erfolgreiche Wahl zum Sprecher sind aber mindestens 218 Stimmen nötig. Darüber, welche Personen nun die Kompromisskandidaten mit den "neuen Gesichtern" sein könnten, die McCarthy sich wünscht, war zunächst nichts bekannt.

Obwohl McCarthy der zurückgetretene Boehner in den vergangenen Jahren politisch nahegestanden war, hatte seine Kandidatur als relativ sichere Bank gegolten. Doch durch ungeschickte Auftritte hatte er zuletzt Zweifel seiner konservativen Kollegen erweckt.

Über "Bengasi" gestolpert

Am Wochenende hatte er auf Fox News durchblicken lassen, dass jenes Kongresskomitee, das den Überfall auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi von 2012 untersuchen soll, ein Instrument sei, um der Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zu schaden. Die Demokratin war damals Außenministerin, einige Republikaner orten eine Verschwörung, um eine Mitschuld Clintons am Vorfall zu vertuschen.

Mit der Unklarheit über den künftigen Kurs der republikanischen Führung rückt einmal mehr auch ein "Shutdown" der US-Regierung in greifbare Nähe. Bis zum 5. November muss der Kongress der Regierung erlauben, weitere Schulden zu machen. Andernfalls ist diese gezwungen, die Bundesverwaltung vorübergehend stillzulegen. Einen solchen "Shutdown" hat es zuletzt 2013 gegeben, immer wieder setzten die Republikaner die Drohung als politisches Druckmittel ein. Boehner und McCarthy hatten beim Einsatz der Taktik aber Zurückhaltung eingemahnt. (mesc, red, 8.10.2015)