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In der kosovarischen Hauptstadt Prishtina kam es in der Nacht auf Dienstag zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Foto: AP/Kryeziu

Die albanisch-nationalistische Partei Vetëvendosje macht im Kosovo gegen das Abkommen mit Serbien mobil, das am 25. August geschlossen wurde. Es geht um die Bildung eines Verbands serbischer Gemeinden im Kosovo. Der stellvertretende Parteichef Albin Kurti, der im Jahr 2000 in Serbien im Gefängnis saß, betreibt seit Jahren Radikalopposition im Kosovo. Er wurde nun verhaftet, weil er vergangenen Donnerstag gemeinsam mit anderen Oppositionsabgeordneten Tränengas im Parlament eingesetzt hat. Kurti verlangt, dass Premier Isa Mustafa seine Unterschrift unter dem Abkommen mit Serbien zurückzieht.

Nachdem Kurti wegen des Tränengaseinsatzes verhaftet wurde, griffen Vetëvendosje-Anhänger Montagnacht eine Polizeistation in der Hauptstadt Prishtina an. 15 Personen wurden in Auseinandersetzungen mit der Polizei verletzt. Kurti wurde wieder freigelassen und schloss sich danach den Demonstranten an, die vor dem Parlament protestierten. Ein paar Tage zuvor hatten Vetëvendosje-Abgeordnete mit Eiern geworfen und mit einem Sitzstreik die Arbeit des Parlaments blockiert.

Machtkampf im Hintergrund

Im Hintergrund geht es auch um einen Machtkampf ehemaliger Mitglieder der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK. Die Oppositionsparteien Vetëvendosje, Nisma und AAK, die allesamt Verbindungen zur ehemaligen UÇK haben, bekämpfen offensiv die Regierungspartei PDK von Ex-Premier Hashim Thaçi, die ebenfalls aus dem UÇK-Lager kommt.

Insbesondere der AAK-Chef und ehemalige UÇK-Führer Ramush Haradinaj befindet sich in einem erbitterten Streit mit Thaçi, weil er sich nach seiner Freilassung in Den Haag im Jahr 2012 erhofft hatte, selbst Premier zu werden. Haradinaj kündigte nun an, dass die Tränengasattacke im Parlament "erst der Anfang" und "trivial" gewesen sei. Haradinaj gilt als äußerst brutal. Er hat insbesondere Einfluss in der Region Dukagjini. Ehemalige UÇK-Führer wie er haben zudem Angst, dass sie vor dem neuen Kriegsverbrechertribunal landen könnten, das die USA und die EU gefordert haben. Thaçis PDK hatte nach langen Widerständen das Tribunal befürwortet, die Opposition war strikt dagegen.

Verband serbischer Gemeinden

Die Vetëvendosje wiederum, die für ein "Großalbanien" eintritt, fürchtet, dass der Verband der serbischen Gemeinden im Kosovo ähnlich wie die Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina gegen den gemeinsamen Staat agieren könnte. Vetëvendosje hat viele Anhänger unter jungen albanischen Kosovaren. Vor der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo stand Kurti wegen seiner radikalnationalistischen Positionen monatelang unter Hausarrest. Die Internationale Gemeinschaft mied den Aktivisten.

Kurti ist seit 2004 Kopf der Bewegung, die zunächst nur als NGO agierte und erst seit 2011 eine Partei darstellt. Vetëvendosje war nicht nur von Anfang an gegen den Dialog mit Serbien und gegen die Präsenz der internationalen Gemeinschaft (auch der EU-Rechtsstaatsmission Eulex), sondern wandte sich in den vergangenen Monaten auch gegen den Verband der serbischen Gemeinden im Nordkosovo, der im April-Abkommen 2013 vereinbart und nun im August mit einem weiteren Abkommen konkretisiert wurde.

Der Verband wird für das Gesundheitswesen, die Bildung und die ländliche und ökonomische Entwicklung in den Gemeinden mit serbischer Mehrheit im Kosovo zuständig sein und über eine Art Parlament verfügen. In den vier serbischen Gemeinden im Nordkosovo kann der Verband Vorschläge für die Ernennung von Polizisten machen. Serbien hat das Recht, die serbischen Gemeinden im Kosovo finanziell zu unterstützen. Das ist bereits jetzt der Fall. Zurzeit wird am Statut für den Verband gearbeitet. Dieses soll vier Monate nach der Einigung in Brüssel vom 25. August fertiggestellt sein. (Adelheid Wölfl, 13.10.2015)