Bild nicht mehr verfügbar.

Stephan Palla (re.) gab am 11. Juni daheim gegen Bahrain (2:1) seinen ersten Schuss für die Philippinen ab. Stammspieler ist er nicht.

Foto: EPA/RITCHIE B. TONGO

Bild nicht mehr verfügbar.

Im Kim-Il-sung-Stadion zu Pjöngjang wird nichts dem Zufall überlassen.

Foto: REUTERS/Damir Sagolj

Bild nicht mehr verfügbar.

Palla im Bundesliga-Einsatz gegen die Austria.

Foto: APA/HERBERT P. OCZERET

Wenn ein Fußballprofi in ein vollbesetztes Stadion blickt und sich in dem Moment denkt, es könnten statt der Menschen durchaus auch bunte Sitze sein, die er sieht, dann muss er nicht zwingend irre sein oder halluzinieren. In Nordkorea nämlich ist vieles anders. Diese Erfahrung machte der beim Wolfsberger AC unter Vertrag stehende Stephan Palla, der zwecks WM-Quali mit dem Team der Philippinen Station in Pjöngjang machte.

Eine andere Welt

In Nordkorea werden offenbar keine Mühen gescheut, denn sämtliche 41.000 Zuschauer im Kim-Il-sung-Stadion wurden in den Landesfarben eingekleidet. Der 26-Jährige staunte dabei nicht schlecht. "So etwas habe ich noch nie gesehen. Niemand bewegte sich, alle waren ruhig, man hätte glauben können, das Stadion ist leer." Wenn aber die bei jedem Sektor postierten, weiß gekleideten Capos etwas vorexerzierten, klatschten alle synchron, schnell oder langsam. "Die Choreografie war perfekt, sogar die Welle war einstudiert", erzählt Palla.

Choreografie im Kim-Il-Sung-Stadion.
Karl Decena

Das Spiel und den Verlauf bezeichnet Palla schlichtweg als "krank". Es soll teilweise schon lächerlich gewesen sein, was der chinesische Schiedsrichter gepfiffen hat. "So extrem habe ich das noch nie erlebt. Jeder normale Kontakt von unserer Seite war ein Foul. Es gab eine Standardsituation nach der anderen. Wir haben eigentlich nur mehr auf den Elferpfiff gewartet." Am Ende gab es ein 0:0, weil den Nordkoreanern trotz neun Minuten Nachspielzeit kein Tor gelang.

WM-Quali: Nordkorea – Philippinen.
basically d

Pallas Ankunft auf dem Flughafen in Pjöngjang war verstörend. "Alles menschenleer, niemand zu sehen. Alles richtig sauber, nicht einmal ein Kaugummi am Boden." Mit dem ersten Menschenkontakt gleich der nächste Schock: "Entweder Uniformierte, die im Gleichschritt gingen, oder Zivilisten, die sich bewegten wie Soldaten. Sogar die Schulkinder marschierten schnurstracks mit schwingenden Armen dahin."

Hausarrest

Einmal im Hotel angekommen, sah es mit Ausflügen eher düster aus. Das Quartier zu verlassen war nicht gestattet, im Fall des notwendigen Falles wurden Palla und Co stets von Fahrzeugen mit Blaulicht begleitet. Kaum zu glauben, aber für 15 Dollar die Stunde konnten sie tatsächlich im weltweiten Netz surfen, über einen Hotspot. Der Fortschritt macht also auch vor Nordkorea nicht ganz halt. In der Landwirtschaft aber gibt es Aufholbedarf. Palla konnte kaum glauben, dass dort keine Maschinen eingesetzt werden. Viele Menschen, Massen, machen alles per Hand. "Sie sind wirklich weit, weit hinten." Trotz solider Handarbeit auf den Feldern kommt nichts Erwähnenswertes auf die Teller. "Wir waren alle froh, als wir wieder weggeflogen sind."

Talent bei Rapid

Palla, Sohn eines ungarischen Vaters und einer philippinischen Mutter, ist in Mauerbach aufgewachsen und galt unter Peter Pacult als großes Talent bei Rapid, den Durchbruch schaffte er aber nicht. Gerüchte um unprofessionelles Verhalten im Privatleben zeigten Wirkung. "Ich bin ein ruhiger Typ, war nicht jedes Wochenende fort. Es ist schade, dass es so gelaufen ist, aber ich weine der Vergangenheit nicht nach." Also wurde er nach Lustenau, zu Dunajská Streda und in die Südstadt verliehen, ehe er 2014 nach Kärnten wechselte. Nach mehreren Einsätzen in den Nachwuchsteams des ÖFB wurde er auch in den Kader der U21-Nationalmannschaft berufen, kam aber auch da nicht zum Zug.

Doppelstaatsbürger

Als dann 2011 die Anfrage von den Philippinen kam, hat er nach anfänglichen Bedenken wegen Sprachbarrieren doch grünes Licht signalisiert. Erst 2014 wurde die Einbürgerung vollzogen. Palla spielt seit ziemlich genau einem Jahr für das Team des Deutsch-Amerikaners Tom Dooley und gehört damit einer 90-prozentigen Mehrheit an, die allesamt eingebürgert wurden. Viele von ihnen wurden in Europa geboren. Im Team, das auf Platz 134 der Weltrangliste liegt, wird Englisch gesprochen.

In sechs Spielen für die Philippinen hat er bisher erst einmal durchgespielt, beim 1:5 im September daheim gegen Usbekistan. Dass er nicht prompt Stammspieler wurde, hat auch Palla überrascht. "In der Mannschaft steckt Qualität. Die Spieler sind technisch versiert." Das Problem aber ist, dass nicht alle auf dem gleichen Level sind, was die Taktik angeht. "Gegen Österreich hätten wir keine Chance."

Der Fußballplatz als Sauna

Kein Spaß war die Umstellung auf philippinische Verhältnisse. Beim ersten Mal wollte er nach dem Training sofort wieder heim. 35 Grad und hohe Luftfeuchtigkeit sind gewöhnungsbedürftige Bedingungen. "Von einmal hin und her laufen schwitzt du, als wärst du 15 Minuten in der Sauna gewesen."

Die Stimmung ist nicht mit jener in Europa vergleichbar. Hinter jedem Tor gibt es zig Trommeln und Trompeten. "Geile Vollgasstimmung mit schneller, rhythmischer Musik. Und bei einer vergebenen Chance kreischen alle irre laut." (Thomas Hirner, 20.10.2015)