Russland schmiedet weiterhin an seiner eigenen Koalition im Syrien-Konflikt. In Moskaus Plänen spielen kurdische Kämpfer neben der syrischen Armee eine Schlüsselrolle in dem Kampf um die Region. Deshalb ist Moskau offenbar zu wichtigen Zugeständnissen bereit.

Eine Delegation syrischer Kurden wird heute, Mittwoch, im russischen Außenministerium empfangen. Angeführt wird die Gruppe von Asya Abdullah, dem Kovorsitzenden der einflussreichen "Partei der Demokratischen Union" (PYD). Bei den Gesprächen geht es auch um die Eröffnung einer eigenen Repräsentanz in der russischen Hauptstadt: "Wegen technischer Probleme" sei dies bisher nicht möglich gewesen, zitiert die Tageszeitung Kommersant einen nicht genannten Kurdenvertreter. "Von russischer Seite gab es aber keinen Widerstand", fügte er hinzu.

Offizielle Vertretung

Dem Bericht nach könnte schon in Kürze in Moskau eine offizielle Vertretung des syrischen Kurdistans eröffnet werden. Das russische Außenministerium gab keinen Kommentar zu den Verhandlungen ab.

Ein solcher Schritt würde das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Moskau und Ankara noch mehr strapazieren. Der türkische Botschafter in Russland, Ümit Yardim, hatte bereits in der vergangenen Woche erklärt, sein Land sei besorgt über die Kooperation "einzelner Länder mit den syrischen Kurden". Inoffiziell hieß es aus diplomatischen Kreisen, dass die Türkei den Plan einer Repräsentanz scharf verurteile.

Die Türkei fürchtet, dass durch diese Quasianerkennung das Nationalbewusstsein der geschätzten 15 bis 20 Millionen Kurden im eigenen Land weiter steigen könnte. Der Konflikt mit der in der Türkei verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK hatte sich zuletzt erneut zugespitzt, die Armee ging hart gegen PKK-Rebellen im Grenzgebiet vor. In Ankara wiederum wurden bei zwei Selbstmordattentaten mehr als 100 Menschen getötet.

"Keine Terrororganisationen"

Ob der türkische Protest die Kremlführung jedoch zum Einlenken bewegt, ist derzeit noch ungewiss. Zuletzt hatte sich die Führung in Moskau in der Syrienfrage mit dem Beginn seiner Luftangriffe über türkische Befindlichkeiten hinweggesetzt.

Der russische Botschafter in Ankara, Andrej Karlow, wies zudem die türkische Kritik an russischen Waffenlieferungen für (irakische) Kurden kühl zurück: "Weder die PKK noch die PYD werden von Russland oder dem UN-Sicherheitsrat als Terrororganisationen eingestuft", erklärte Karlow. Russland hält sich damit auch weiterhin alle Optionen offen. (André Ballin aus Moskau, 21.10.2015)