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Kommt an der DPS nicht vorbei: Bulgariens Präsident Boiko Borissow.

Foto: APA / EPA / LECOCQ

Sofia/Wien – Ein Jahr nach der Rückkehr an die Macht schaut die Rechtspartei Gerb von Regierungschef Boiko Borissow zuversichtlich den Kommunalwahlen am Sonntag entgegen. Borissows Partei Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens (Gerb) dürfte die stärkste Kraft im Land bleiben und weiter die wichtigsten Städte Sofia, Plowdiw, Warna und Stara Zagora führen. Aufmerksam aber wird verfolgt, ob die Unternehmerpartei DPS nun offiziell zur zweiten Kraft in Bulgarien wird.

Gewählt wird die Partei der Rechte und Freiheiten (DPS) traditionell von den türkischstämmigen Bulgaren und der Roma-Minderheit; mit großem Erfolg selbst in Gemeinden ohne Muslime, was den Verdacht des Stimmenkaufs nährt.

Die Multi-Unternehmer

Doch über die Jahre haben sich der Partei auch ethnisch-bulgarische Multi-Unternehmer angeschlossen wie Deljan Peewski, dessen kurzzeitige Wahl zum Chef der Staatssicherheit 2013 monatelange Straßenproteste nach sich zog; oder Ilja Ilijew, gegen den die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung einleitete. Ilijew wie Peewski sind Abgeordnete der DPS, die im Parlament seit den Wahlen 2014 nur noch zwei Sitze weniger als die Sozialisten (BSP) hat; keine 20.000 Stimmen trennten die DPS, einst Juniorpartner der Linken, von den Sozialisten. "Es ist keine Partei, es ist ein Unternehmen", sagt Miroslaw Iwanow, ein viel gelesener Blogger, der auf Finanzthemen spezialisiert ist.

Graue Eminenz

Die DPS ist vor allem in die Agrarwirtschaft eingebunden und unterstützt ihre Klientel auch zwischen den Wahlen mit kleinen Zuschüssen für die Familien und materiellen Hilfen – ganz nach dem Vorbild der konservativ-islamischen AKP in der Türkei. Parteigründer Ahmet Dogan gilt als die graue Eminenz in Politik und Wirtschaft des Balkanstaats, Parteichef Lutfi Mestan nur als Strohmann. Premier Borissow, der mit einigem Geschick ein Vier-Parteien-Bündnis führt, kommt an der oppositionellen DPS nicht vorbei. Bei jeder größeren Weichenstellung munkelt man über eine heimliche Übereinkunft zwischen Borissow und "den Türken".

Der Ausgang der Kommunalwahlen wird auch das Rennen um das Präsidentenamt im nächsten Jahr beeinflussen. Die Sofioter Bürgermeisterin Jordanka Fandakowa (Gerb) gilt als Anwärterin, sollte Borissow Amtsinhaber Rossen Plewneliew fallenlassen. (Markus Bernath, 23.10.2015)