Flüchtlinge warten in Spielfeld in der Steiermark auf die Möglichkeit zur Weiterreise.

"Von diesen Leuten geht keine Gefahr aus. Diese ganzen Meldungen sind ein Blödsinn und dienen nur der Verunsicherung der Bevölkerung", sagt Fritz Grundnig, Sprecher von Polizei und Innenministerium, im Gespräch mit dem STANDARD am Samstagnachmittag. Erst am Morgen habe man sich wieder mit einer Falschmeldung über einen angeblich geplünderten Discounter-Markt im Raum Leibnitz herumgeschlagen. Die angebliche Plünderung erwies sich als glatte Lüge.

"Dabei wollen diese Menschen nur so schnell wie möglich weiterkommen nach Deutschland, sie haben eine extreme Flucht hinter sich und sind erschöpft", sagt Grundnig weiter. In den vergangenen Tagen habe sich auch die Behauptung im Internet verbreitet, die Polizei warne die Bevölkerung in der Südsteiermark davor, aus dem Haus zu gehen, das sei "alles Blödsinn, die Polizei warnt vor nix, wir versuchen die Bevölkerung zu beruhigen", betont Grundnig, "es liegt in der Natur der Sache, dass es zu Verkehrsbehinderungen kommt, aber das ist alles".

Erfundene Plünderungen

Auch Gerüchte über andere Plünderungen und Überfälle wurden in Online-Foren bereitwillig verbreitet. Bei Nachfrage nach Namen, Zeugen und genauen Adressen erhält man selten genaue Angaben. Ein Einkaufszentrum in der Grenzgemeinde Spielfeld wurde jedoch erwähnt. Es gehört Anton Wieser, der dem STANDARD am Samstag auf Nachfrage bestätigt, dass es zu keinerlei Angriffen oder gar Plünderungen auf sein Einkaufszentrum, zu dem auch ein Supermarkt und ein Café gehören, gekommen sei.

"Um Gottes Willen! Wer erzählt denn sowas?", fragt Wieser. Er habe seine Geschäfte allerdings "schon am Mittwoch, wie die ersten Massen an Flüchtlingen über die Grenze gekommen sind, sofort zugesperrt". Freiwillig und nicht auf Geheiß der Polizei. Ob das auch andere Kaufhäuser taten? "Nein, da war ich der einzige, aber eineinhalb Tage später ist sowieso die Straße zwischen dem Kreisverkehr und der Grenze abgesperrt worden, jetzt kann überhaupt niemand mehr zu mir, auch kein Österreicher, jetzt bin ich wirtschaftlich tot".

Wieser räumt aber gleich ein: "Wenn jemand wirklich, wirklich bei mir einkaufen wollte, könnte er das den Polizisten schon sagen und sie würden ihn durchlassen." Allerdings habe er ohnehin geschlossen, "weil ich lass mich sicher nicht ausrauben".

Falsche Presseaussendung der FPÖ

Während viele Gerüchte scheinbar aus dem Nichts oder hinter Nicknames versteckt im Internet auftauchen, vor allem auf Facebook, haben manche auch einen Absender. Am Samstagnachmittag hieß dieser Mario Kunasek. Der steirische FPÖ-Chef titelte in einer Aussendung: "Sicherheit der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet!" In der Folge wir das so begründet: "Laut vorliegenden Informationen sollen bereits Polizeidienststellen in der Steiermark vorübergehend geschlossen worden sein, da das für den Dienstbetrieb notwendige Personal gefehlt haben soll."

Wohl gemerkt im Konjunktiv. Aber selbst für die Möglichkeitsform vermisst man bei der Polizei jegliche Faktengrundlage: "Das stimmt auch nicht, der Regeldienst läuft natürlich wie immer", ärgert sich Grundnig im STANDARD-Gespräch, "es ist eine große Herausforderung, aber es wurden keine Dienststellen aufgrund der Flüchtlingssituation geschlossen und wir haben ja auch zusätzliche Unterstützung aus anderen Bundesländern". Auch sonst seien nicht alle Polizeidienststellen durchgehend geöffnet, das sei der "normale Regeldienst", nur Bezirksdienststellen seien rund um die Uhr offen.

"Mega-Aufwand" Gerüchten nachzugehen

Was der Polizei aber tatsächlich extra Arbeit verursache "und einen Riesenaufwand, den wir momentan nicht brauchen können", sei dieses dauernde Streuen von Gerüchten, so Grundig: "Auch Facebook kann man nicht einfach abtun, das lesen wahnsinnig viele Leute und das ist ein Mega-Aufwand, all diesen Gerüchten nachzugehen, die sich dann als haltlos herausstellen."

4.450 Flüchtlinge in der Steiermark angekommen

Im Laufe des Samstages sind laut Presseaussendung der steirischen Polizei 4.450 Menschen über die Grenzübergänge Spielfeld und Bad Radkersburg eingereist. Die Mehrzahl der Flüchtlinge sind mit Bussen in Unterkünfte in unterschiedliche Bundesländer gebracht worden. Auch mittels Sonderzügen wurden mehrere Hundert Personen nach Wels gebracht. Am späteren Abend soll ein weiterer Zug Flüchtlinge nach Oberösterreich bringen. In Bad Radkersburg warteten am Samstagabend noch 3.900 Personen.

"Wir haben jetzt wieder genügend Quartiere, weil heute tagsüber kaum Leute nachgekommen sind", sagt Grundnig. Der Bustransfer lief auch deswegen heute wieder schneller, denn "bevor man einen Bus losschickt, braucht der ein Ziel, also ein Quartier. Ich kann die Leute nicht ohne Ziel auf Österreichrundfahrt schicken". Das zentrale Transportmanagement laufe über das Bundesheer, sagt Grundnig, mit diesem laufe die Zusammenarbeit "sehr gut". (Colette M. Schmidt, 24.10.2015)