Wien – Immer, wenn sich Bund und Länder etwas in Geldangelegenheiten miteinander ausschnapsen, schlägt die Stunde der sogenannten 15a-Vereinbarung. Im Kindergartenbereich zuletzt abgeschlossen im Juni 2014. Jetzt liegen erste Ergebnisse vor, wie die insgesamt 305 Millionen Euro, die sich die Länder bis 2017 in Co-Finanzierung vom Bund abholen können, bisher zum Einsatz gekommen sind.

Kurz gefasst: Rund die Hälfte der Mittel wurden noch gar nicht abgeholt. Und von jenem Geld, das die Länder bereits in Anspruch genommen haben, entfiel wiederum ein großer Teil – nämlich fast 35 Prozent – auf den quantitativen Ausbau, also das Schaffen von zusätzlichen Kinderbetreuungsplätzen.

Deutlich mehr Plätze

Bei den unter Dreijährigen entstanden so in den Vergleichsjahren 2013/14 und 2014/15 insgesamt 2.717 neue Plätze. Bei den Drei- bis Sechsjährigen waren es 5.525 Plätze, wie diese Grafik zeigt:

EU-Ziele nur teilweise erfüllt

Was bedeutet das auf dem Weg zum Erreichen jener Ziele, die der Europäische Rat bereits 2002 in Barcelona festgelegt hat? Von den dort definierten 33 Prozent der Kleinkinder, für die bereits vor dem dritten Lebensjahr ein Betreuungsplatz geschaffen werden soll, ist Österreich noch immer weit entfernt. Um genau zu sein, etwas mehr als 17.000 Plätze entfernt.

Österreichweit besuchen im Schnitt 25,9 Prozent der unter Dreijährigen eine Krippe oder Tagesmutter, lediglich Wien liegt mit 40,7 Prozent deutlich über dem Barcelona-Ziel.

Deutlich besser ist die Situation bei den Älteren: 90 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen sollen nach den in Spanien getroffenen Vorstellungen eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen können. Rund 94 Prozent sind es hierzulande sogar – ein Wert, der sich seit 2013/14 noch erhöht hat. Nur noch die Steiermark und Kärnten liegen hier unter dem Barcelona-Ziel.

Wenig Geld für Raumverbesserung

Der Großteil des Bundeszuschusses wurde, wie erwähnt, in den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze gesteckt. Den Rest der ihnen zugedachten Gelder verwendeten die Bundesländer höchst unterschiedlich, wie eine dem STANDARD vorliegende Auflistung des Familienministeriums zeigt. Im Burgenland sah man offenbar großen Bedarf zur räumlichen Qualitätsverbesserung: 35 Prozent der Mittel hat man sich dafür abgeholt. Zum Vergleich: In Oberösterreich wurden lediglich knapp zwei Prozent der Mittel für Raumverbesserungsmaßnahmen eingesetzt.

Nur bei der Erweiterung der Öffnungszeiten sieht man noch weniger Bedarf. Dafür haben die Oberösterreicher genau null Mittel beantragt – und befinden sich damit in Gesellschaft von Tirol, Vorarlberg, Steiermark und Wien. Wobei in Wien bereits rund 98 Prozent aller Kindergärten und Krippen mehr als neun Stunden pro Tag offen haben, und zwar für mehr als 47 Wochen pro Jahr (österreichweit sind es nur 57,5 Prozent).

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Vor allem in den ländlichen Gegenden haben Kindergärten selten länger als neun Stunden offen.
Foto: reuters

Ganztägig ab sechs Stunden

In Oberösterreich sehen die Öffnungszeiten anders aus: Laut Kindertagesheimstatistik werden zwar auch hier fast 90 Prozent der Kindergärten und über 91 Prozent der Krippen ganztägig geführt. Allerdings: Die Statistik versteht unter "ganztägig" etwas anderes als mancher Elternteil, nämlich eine Öffnungszeit von mindestens sechs Stunden.

Andere Tabelle, anderes Bild der Realität, wieder am Beispiel Oberösterreich: Nur 26 Prozent der Kindergärten und Krippen hatten im Jahr 2014/15 mehr als neun Stunden pro Tag offen und erfüllen damit die sogenannten VIF-Kriterien, eine Art Indikator für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ob es daran liegen könnte, dass für die Erweiterung der Öffnungszeiten in Oberösterreich ein Zuschuss von maximal 2000 Euro pro Jahr für maximal drei Jahre gewährt wird, will man im Ministerium nicht bewerten.

Viel Bewusstseinsbildung nötig

Generell zieht Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) aus den vorliegenden Daten den Schluss, dass der Ausbau bei dieser 15a-Vereinbarung bisher im Vordergrund gestanden ist. Damit auch vermehrt in Qualität investiert wird, sei "noch viel Bewusstseinsbildung" notwendig.

Was der für das Frühjahr 2016 versprochene "Qualitätskompass Elementarpädagogik" beinhalten soll, was nicht ohnehin schon jeder weiß? Best-Practice-Beispiele aufzeigen, von einem verpflichtenden Qualitätsrahmenplan ist keine Rede. (Karin Riss, 2.11.2015)