Darf künftig allenfalls am Ende einer Sitzung das Wort ergreifen, ist aber von sonstiger parlamentarischer Mitarbeit ausgeschlossen: Susanne Winter

Foto: Robert Newald

Wien – Man mag ihren Verbleib im Parlament zwar als "Schande" empfinden, wie das SOS Mitmensch in einer Aussendung getan hat. Aber tatsächlich kann die aus der FPÖ ausgeschlossene Nationalratsabgeordnete Susanne Winter politisch kaum noch etwas bewirken. Denn als "wilde" Abgeordnete ist sie im Hohen Haus nicht viel mehr als eine Zuhörerin.

Ihr bleibt nur ihr Sitz. Darauf verweist der Parlamentarismusexperte Werner Zögernitz im Gespräch mit dem STANDARD – wobei selbst die Sache mit dem Sitz ihren Haken hat.

Ab auf die Hinterbank

Es ist nämlich keineswegs der angestammte Sitzplatz im Nationalratsplenum, der ihr bleibt. Denn die aus ihren Klubs ausgeschiedenen Mandatare Jessi Lintl vom Team Stronach sowie Winters frühere Klubkollegen Gerhard Schmid und Ruppert Doppler von der Salzburger FPÖ werden gemeinsam mit Winter in die hinterste Reihe verbannt.

Dort können sie zwar bei Beschlüssen mitstimmen, doch hat das auf die Mehrheitsbildung keinen Einfluss.

Am End der Debatte

Sie können sich in den Debatten zu Wort melden – aber aufgerufen werden wilde Abgeordnete erst, wenn die von den Parlamentsklubs nominierten Redner ihre Beiträge gehalten haben. Und dann steht jedem "wilden" Abgeordneten maximal die Hälfte der Redezeit zu, die dem kleinsten Parlamentsklub zugebilligt wird.

Zudem reden sie dann vor leeren Reihen – und meist ohne mediale Aufmerksamkeit.

Der uninteressanteste Job

Zögernitz kann daher auch Winters Ansicht, dass sie ihren Wählern im Wort sei, nichts abgewinnen: "Es ist das Uninteressanteste, ein 'wilder' Mandatar zu sein. Er oder sie kann gar nicht für 'ihre Leute' tätig sein." Allerdings habe Winter, rein rechtlich, das Mandat für die gesamte Periode.

In den Parlamentsausschüssen, wo die eigentliche Gesetzgebung passiert, dürfen nur von den Klubs entsendete Abgeordnete mitreden und mitstimmen. "Selbst wenn sie einen eigenen Antrag einbringen würde, könnte sie sich nicht zu Wort melden", sagt Zögernitz. Ein Antragsrecht haben erst fünf Abgeordnete gemeinsam, ebenso ist es mit dem Recht, Regierungsmitgliedern mit schriftlichen Anfragen lästig zu werden. Da müsste noch ein weiterer Abgeordneter aus einer Fraktion ausscheren.

Minimum an Infrastruktur

Zumindest theoretisch können die fraktionslosen Volksvertreter im Parlament mitarbeiten – seit 1992 ist jedem Abgeordneten ein Anspruch auf Infrastruktur (ein Zimmer, Telefonanschluss und Computer) sowie auf einen parlamentarischen Mitarbeiter verbrieft. Die ersten "wilden" Abgeordneten, die aus der SPÖ ausgeschlossenen Mandatare Franz Olah 1964 und Stephan Tull 1980, hatten nicht einmal das. Der 1987 von den Grünen geschaßte Josef Bucher ersaß sich das Recht auf einen Arbeitsplatz, indem er sich Sessel und Schreibtisch zunächst in die Säulenhalle des Parlaments stellte.

Rücktrittsforderung aus der ehemaligen Partei

Daran, dass Winters Verbleib unter solchen Bedingungen wenig Sinn machen dürfte, erinnerte auch ihr ehemaliger Generalsekretär Herbert Kickl: Sie solle "noch einmal in sich gehen" und ihr Nationalratsmandat doch noch zurückzulegen, sagte Kickl am Dienstag. Winter hat aber wiederholt betont, sie werde ihr Mandat "sicher nicht" zurücklegen.

Die Zahl der FPÖ-Abgeordneten sinkt von 38 auf 37 – und die FPÖ fällt nicht nur um die anteilige Klubförderung um, sondern auch um Winters Parteisteuer. Die "wilde" Abgeordnete kann den Bezug von 8583,30 Euro (14-mal jährlich brutto) für sich behalten. (Conrad Seidl, 4.11.2015)