Es gibt einen Unterschied zwischen "defekt" und "funktioniert nicht". So fair muss man sein: Es soll vorkommen, dass Geräte mit einem Schaden ausgeliefert werden. Lästig – aber an Art und Geschwindigkeit, des Troubleshootings lässt sich viel über ein Unternehmen lernen.

Freilich: Ob Garmin den Forerunner 225, der – nach langem Warten, das Gerät ist ja seit dem Sommer am Markt – endlich bei mir landete, ebenso schnell ausgetauscht hätte, wenn mein "bin ich zu blöd oder ist das Teil kaputt"-Mail nicht in der Presseabteilung sondern beim Kundendienst gelandet wäre, kann ich nicht sagen. Aber ich gehe jetzt einmal von der Optimalvariante aus.

Fitnessuhren und Activitytracker gibt es ja mittlerweile in jeder Preis- und Leistungsklasse: Von der Gratis- oder fix im Handy implementierten App bis zum hunderte Euro teuren Spezial-Handgelenkscomputer. Um brauchbare Ergebnisse zu liefern, braucht man auch Pulswerte. Und dafür dient – außer bei ein paar Nischenanbietern – ein Brustgurt. (Oder – selten – andere externe Geräte.) Männern ist es meist egal – aber viele Frauen empfinden die Gummibänder als störend, lästig oder sogar schmerzhaft scheuernd.

Zuwarten der Großen

Brustgurtlose Pulsmesssysteme gibt es auch und seit einigen Jahren. Aber ganz ohne Grund haben die "großen" Player (Garmin, Polar und Suunto) das Feld bis dato wohl nicht den kleinen Fischen überlassen: Man habe, hieß es etwa als die niederländischen Navi-Bauer von Tomtom vor eineinhalb Jahren mit dem "Runner Cardio" auf den Markt kamen, einen Ruf in puncto Messgenauigkeit und Zuverlässigkeit zu verlieren – und warte zu.

Garmin und Tomtom im Vergleich
Foto: Thomas Rottenberg

Das Problem: Die Sensoren, die an der Unterseite der Uhren (brutal vereinfacht gesagt) durch den Blutdurchfluss messbare Veränderungen an der Hautoberfläche registrieren, waren bei ruhiger Handhltung zuverlässig. Sobald sich der Arm aber bewegte, liefen die Ergebnisse oft Amok. Tomtom verbaute den Sensor – er stammt wie bei fast allen Anbietern von Mio Global – aber erstmals so, dass das Problem als "gelöst" gelten durfte.

Bei kalten Fingern, warnte Tomtom aber, könnten die Ergebnisse schon verfälscht werden. Außerdem muss der Sensor – logisch – direkt am Arm aufliegen. Zumindest im Winter haben wir also ein Problem.

Dennoch wurde die "Runner Cardio" sofort zum Hit. Speziell bei Frauen. Obwohl weder Farben noch Form "frauenfreundlich" sind – und es mit richtig zarten Frauenarmen eine echte Herausforderung ist, die Uhr so eng anzulegen, dass der Mio-Sensor an der Rückseite plan genug aufliegt.

Außerdem ist das Leistungsspektrum der Uhr mit "für absolute Lauf-Einsteiger" noch höflich umschrieben: Nicht, dass normale und ambitionierte Hobbyläufer tatsächlich mehr bräuchten. Aber wenn alle Farb-Fernsehen schauen, will ich mehr als ein Mono-Radio. Tomtom ist Navi-Spezialist durch und durch: Auch mit der Uhr zeigte man, wo es lang gehen würde. Müsste.

Deppeneinfach..

Diesen Sommer brachte Garmin dann seinen Mittelklasse-Klassiker, den 220er, als 225er brustgurtlos auf den Markt: Eine einfache Sportuhr mit Activity-Tracking für tagsüber. Die Nachfrage war aus dem Stand so groß, dass es bis Oktober dauerte, bis Garmin-Österreich die Testgerät-Warteliste bis zu mir abarbeiten konnte.

Als das Päckchen da war, griff meine Freundin – beim Laufen aus oben geschilderten Gründen Tomtom-Trägerin – sofort zu: "Schwarz und ein wenig klobig. Aber im Vergleich zur Tomtom superangenehm am Arm." Doch auf den ersten Knopfdruck tat das Ding nicht, wie es sollte – und ich nahm ihr die Uhr wieder ab: Nicht, weil ich der technisch Versiertere wäre – im Gegenteil. Aber nichtfunktionierende Testgeräte fallen in meine Zuständigkeit

Ich halte mich meist für den DAU, den "dümmst anzunehmenden User". Der 225er bestätigte mich: Anlegen – Startknopf drücken – Puls wird gefunden? Irgendwas machte ich aber falsch: Das Herz blinkte – aber da kam kein Pulswert.

Ich lud. Resettete. Fragte in Facebook-Laufgruppen. "Funktioniert super.. Deppeneinfach. Deppensicher." Ich drehte die Uhr um: Da war ein Mio-Sensor – aber er leuchtete nicht.

Am Telephon leitete mich dann ein freundlicher Garmin-Techniker zum Mio-Software-Menüpunkt. "Version Null? Das heißt, dass da keine Verbindung zum Sensor ist: Das Gerät kann gar nicht funktionieren."

Foto: Thomas Rottenberg

24 Stunden später war Ersatz da: Knopf drücken – Puls gefunden. Deppeneinfach. Auch das GPS war nach einer Minute bereit: Einfacher geht nicht.

Ich lief einfach los. Ohne Anzeigemodi oder Pulsbereiche zu bearbeiten: Alles gut. Obwohl ich nie mit Garmin trainiere, funktionierte das Werkel intuitiv und einfach. Dass die im Grunde eh unnötigen 1000 Mess- und Display-Spielereien meiner High-End-Uhr (Gleichwertiges hat Garmin auch im Portfolio) hier nicht am Plan stehen, ist kein Mangel. Dass ich mir Datenfelder und Anzeigen anders zusammen stellen würde, als sie es ab Werk sind, auch nicht: Es ginge ja. Ganz einfach.

Ich lief eine lockere "Hausstrecke". Ich weiß hier auswendig, wann mein Puls rauf- oder mein Tempo runter geht: Die angezeigten Werte lagen dort, wo sie – je nach Tagesform – auch bei meiner Uhr wären.

Foto: Thomas Rottenberg

Ausreißer

Aber dann war plötzlich Herzalarm – zumindest laut Uhr: Obwohl das Tempo konstant niedrig und der Boden bretteleben war, schnalzte mein Puls schlagartig in die 180er. Eine Minute später war der Spuk vorbei. Bei Brustgurten kenne ich das: Wenn die Batterie schwach wird. Störquellen sich einmischen. Aber hier?

Zehn Minuten später hatte ich dafür plötzlich keinen Puls mehr. Saß die Uhr zu locker? Kam Licht von der Seite zum Sensor? Ich zurrte das Armband auf "Blutabdrücken" – und lief weiter: Angeblich mit 75 Pulsschlägen pro Minute. Bei einer Pace von 5’10"? Ich stoppte die Zeitnehmung, lockerte das Band und startete eine neue Wertung: Alles wieder pipifein. Die Werte plausibel. Wo der Fehler gelegen hatte? Keine Ahnung.

Foto: Thomas Rottenberg

Daheim sah ich auch am Computer die Ausreißer: Garmins-Webplattform (Garmin Connect) bietet da wirklich viele Ansichten und Auswertungen – sogar bei "schlichten" Geräten wie dem 225er. In Summe war ich überrascht, wie zufrieden ich war: Das Gesamtergebnis war stimmig und schlüssig und verständlich. Trotz der Ausreißer. Mal sehen, was dem Servicemann von Garmin dazu einfällt.

Polar-Pulsmesser

Am gleichen Tag läutete noch ein Bote: Er brachte die Beta-Version des Polar A360. Der Activity-Tracker hat – erraten – erstmals einen optischen Pulsmesser: Dass "da noch im Herbst etwas kommen" würde hatte man mir bei Wachau- und Berlin-Marathons schon angedeutet. Dass es "nur" ein Activity-Tracker und kein "echter" Sportcomputer ist, wirkt zwar defensiv und schüchtern, passt aber ins Markt-Bild: Die "Großen" kommen aufs Spielfeld – und sondieren das Terrain zunächst mit "einfachen" Geräten.

Aktitvity Tracker von Polar
Foto: Thomas Rottenberg

Daraus leite ich auch mein Fazit ab: Garmins Forerunner 225 ist ein gutes und einfach zu bedienendes Gerät, das trotz kleinerer Bugs und Kinderkrankheiten mehr als bloß "brauchbar" ist. Dennoch würde ich allen, die nicht unbedingt und sofort ein brustgurtloses Tracker-Teil brauchen, raten zumindest bis zum Frühjahr zu warten: Was derzeit verfügbar ist, kann nur der Anfang sein. Eine Richtungsangabe. Und ein Startschuss: Da kommt mehr – und dann wird es spannend. (Thomas Rottenberg, 8.11.2015)