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Filippo Grandi übernimmt die Leitung des UNHCR am 1. Jänner kommenden Jahres.

Foto: AFP PHOTO / JOSEPH EID

Seine Feuertaufe im humanitären Einsatz erlebte Filippo Grandi in Thailand: Als junger Mitarbeiter der Hilfsorganisation Catholic Relief Service kam er Mitte der 1980er-Jahre in ein Feldspital, in dem sich hunderte kambodschanische Flüchtlinge befanden. Kaum angekommen, sah er einen kleinen, an Malaria verstorbenen Buben in den Armen der verzweifelten Mutter. "Meine erste Reaktion war: Diese Arbeit kann ich nicht machen, das halte ich nicht aus", erzählte Grandi vor kurzem.

Aber er hielt durch. "Mit der Zeit lernte ich, dass angesichts des Leids nur eines wirklich zählt: Solidarität, pure Solidarität." 1988 wechselte er zum Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR). Dort arbeitete er zunächst im Genfer Hauptquartier als Stabschef der Hochkommissare Ruud Lubbers und Sadako Ogata, dann ging er wieder an die "Front" in den Sudan, in den Irak und als Missionschef nach Afghanistan. Ab 2005 war er beim Uno-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) im Einsatz, das er später – 2010 bis 2014 – führte.

Grandi, über dessen Privatleben nichts bekannt ist (er dürfte mit seiner Arbeit verheiratet sein), studierte Philosophie in Mailand, Venedig und Rom. Er übernimmt das UNHCR am 1. Jänner kommenden Jahres vom Portugiesen António Guterres – zu einem Zeitpunkt, der dramatischer kaum sein könnte.

Rund 65 Millionen Flüchtlinge zählt die Uno-Organisation derzeit weltweit. Nicht einmal im Zweiten Weltkrieg, als sich 50 Millionen Menschen auf der Flucht befanden, waren es derart viele. Und mit den hunderttausenden Kriegsflüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, die seit Wochen auf der Balkanroute Richtung Österreich und Deutschland ziehen, sind Not und Elend auch in Mitteleuropa angekommen.

Die UNHCR-Führung ist einer der wichtigsten Posten, den die Uno zu vergeben hat. Mit seinen 27 Jahren im Dienst des UNHCR dürfte Grandi dafür gut gewappnet sein.

Dass die Wahl auf ihn fiel, darf aber auch als Zeichen der Anerkennung für Italien interpretiert werden, das seit langem mit einem großen Zustrom von Bootsflüchtlingen konfrontiert ist, welche die gefährliche Reise über das Mittelmeer wagen. Die italienische Marine und die Küstenwache haben in den letzten Jahren zehntausende Flüchtlinge vor dem sicheren Ertrinken gerettet; Italien ist für diesen Einsatz vom UNHCR und anderen Hilfswerken mehrfach gelobt worden. (Dominik Straub, 12.11.2015)