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Das Krankenhaus Nord bei einem Fototermin im Juni.

Foto: APA / ROBERT JAEGER

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KAV-Generaldirektor Janßen: "Das Clearingverfahren bildet eine solide Basis für die weiteren Baufortschritte."

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Wien – Das laut Gemeinde Wien "modernste Spital Europas", das derzeit in Form des Krankenhauses Nord im 21. Wiener Gemeindebezirk entsteht, wird teurer und später fertig. Die Errichtungskosten, zuletzt im Sommer mit 1,049 Milliarden Euro angegeben, werden sich um etwa 14 Prozent erhöhen, sagte Thomas Balázs, der stellvertretende Generaldirektor des Bauherrn Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), bei einem Mediengespräch am Freitag: "Wir rechnen mit 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro, die sich mathematisch ergeben." Die Fertigstellung wird sich voraussichtlich von Mitte auf Ende 2017 verschieben.

Die Mehrkosten und die Verzögerung liegen laut Bolász nicht in der Verantwortung des KAV. Die Gründe, nämlich Fehlberechnungen einer Statikfirma und den Konkurs einer Fassadenfirma, gestand Balázs ein, die daraus resultierenden "wilden Spekulationen über einen möglichen Baustopp oder notwendigen Teilabriss" wies er jedoch zurück.

Der damalige Wiener FPÖ-Klubchef Johann Gudenus hatte im heurigen Sommer von angeblichen Rissen in der Verschalung berichtet, "die nur durch einen teilweisen Abriss und darauffolgenden Neubau behoben werden könne".

Grundsätzlich ausschließen könne man eine solche Eskalation bei einem Bauprojekt dieser Dimension nicht, sagte KAV-Generaldirektor Udo Janßen, im Fall des Krankenhauses Nord entsprach diese "Skandalisierung" aber nicht der Wahrheit. Vielmehr habe man durch die Installation einer Clearingstelle als Schlichter zwischen KAV und Auftragnehmern "die Möglichkeit geschaffen, Konflikte gemeinschaftlich und außergerichtlich zu lösen".

Öffentliche Hand wird Hälfte der Mehrkosten tragen

Die Anrufung eines Mediators oder gar eines Gerichts versuchte man bewusst zu vermeiden, sagte Balázs. Stattdessen habe die mit dem technischen Sachverständigen Stephan Fuld und dem Rechtsprofessor Michael Holoubek besetzte Clearingstelle eine einvernehmliche Lösung gefunden. Angesichts des komplexen Auftragsgeflechts – allein für die Haustechnik wurden sieben Arbeitsgemeinschaften mit 13 Unternehmen eingerichtet – war es allerdings von Beginn an unrealistisch, die nun hinzugekommenen Mehrkosten vollständig von den Verursachern einzufordern, sagte Balázs.

Man erwarte, die Hälfte der 14 Prozent durch Schadenersatzansprüche, Versicherungszahlungen und Regressforderungen geltend machen zu können. Den Rest wird wohl die öffentliche Hand ausgleichen müssen.

Testbetrieb bis ins Jahr 2018

Schon die im Sommer genannten 1,049 Milliarden Euro waren nach oben revidiert, und das war nicht die erste Anpassung. Ursprünglich sollte das Spital am linken Donauufer entstehen, 2006 waren dafür 605 Millionen Euro und eine Bauzeit von sechs bis sieben Jahren veranschlagt. 2010, der nunmehrige Standort auf dem Areal der ehemaligen ÖBB-Hauptwerkstätte an der Brünner Straße war mittlerweile fixiert und die geplante Bettenanzahl auf 785 verdoppelt worden, rechnete der KAV mit 825 Millionen Euro und einer Teilinbetriebnahme 2015. Im Jahr 2014 war man schließlich von Kosten von 954 Millionen Euro bis zur verschobenen Eröffnung Mitte 2016 ausgegangen, ehe die Aufwandsschätzung Mitte des heurigen Jahres erneut um mehr als 90 Millionen erhöht wurde.

Grafik: KAV

Nun sei aber alles auf Schiene, beteuern Balázs und Janßen. Ein von der Clearingstelle erarbeiteter Terminplan, zu dem sich Auftraggeber und Auftragnehmer verpflichtet haben, soll weitere Verzögerungen verhindern. Bis die ersten Patienten im Krankenhaus Nord behandelt werden, wird es dennoch länger dauern als bis zur derzeit geplanten Eröffnung Ende 2017. Ein Testbetrieb, um Personalschulungen, Logistik und die Kalibrierung medizinischer Geräte abzuschließen sowie die Hygienebedingungen zu gewährleisten, wird wohl noch mehrere Monate des Jahres 2018 in Anspruch nehmen. (Michael Matzenberger, 13.11.2015)