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Streit um die wahren Folgen des Tempolimits.

Foto: APA/MARKUS LEODOLTER

Salzburg – Gut acht Monate nach Einführung des flexiblen Tempolimits von 80 beziehungsweise 100 km/h auf der Westautobahn im Bereich der Stadt Salzburg kritisiert Gerhard Kronreif, Gerichtssachverständiger für Verkehrsunfälle, Tempo 80. Die Zahl der Unfälle habe sich gegenüber Tempo 100 von jährlich 16 auf 31 fast verdoppelt, sagte Kronreif am Montag im ORF-Radio. Die Polizei bestätigte gegenüber der APA diese Zahlen nicht.

Kronreif hat bei seinen Analysen eine "signifikante Steigerung von Verkehrsunfällen" bei Tempo 80 festgestellt: "Es ist bewiesen, dass der Luft-80er zulasten der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer geht." Besonders problematisch sei der Spurwechsel. "Die Lkw-Lenker fahren dort immer mit 80 beziehungsweise teils 90, weil sie auch mit 90 nicht gestraft werden. Wenn die Pkws nicht schneller als 80 fahren dürfen, dann ergeben sich beim Ausfahren, beim Wechseln der Fahrstreifen und beim Einfahren in die Autobahn immer wieder sehr gefährliche Situationen."

Zudem würden Autofahrer, die sich an Tempo 80 halten, von hinten von den Schwerfahrzeugen bedrängt, so Kronreif: "Die Lkws haben einen Geschwindigkeitsbegrenzer bei erlaubten 89 km/h eingestellt." Denn aufgrund der Toleranzgrenzen würden sie bei dieser Geschwindigkeit noch nicht gestraft.

Limit aus Umweltgründen eingeführt

Die Salzburger Polizei kann die Aussagen Kronreifs nicht bestätigen. "Im Vergleichszeitraum hat es keine signifikante Steigerung der Unfälle gegeben", sagte Dieter Rauchenzauner, der stellvertretende Leiter der Verkehrsabteilung, auf APA-Anfrage. Eine genaue Auswertung der Unfallzahlen für den Abschnitt liege überhaupt nicht vor, "wo der Sachverständige die Zahlen her hat, will ich nicht kommentieren". Eine Verdoppelung der Unfälle habe es jedenfalls "sicher nicht gegeben".

Die flexible Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Westautobahn zwischen dem Knoten Salzburg und Salzburg-Nord wurde am 4. März aus Umweltgründen eingeführt. Seither ist der Stickstoffoxidausstoß im Vergleich zum Vorjahr um rund 25 Prozent zurückgegangen. Aktiviert war die 80-km/h-Beschränkung von 201 Stunden pro Monat im Juni bis 350 Stunden im März, also nicht einmal zur Hälfte der Zeit. Die übrige Zeit galt wie schon früher Tempo 100 als erlaubte Höchstgeschwindigkeit.

Verkehrslandesrat widerspricht

Als "für einen Sachverständigen höchst unseriös" bezeichnete der Salzburger Verkehrslandesrat Hans Mayr (Team Stronach) Kronreifs Aussagen. Es sei für ihn absolut nicht nachvollziehbar, wie Kronreif zu diesen Zahlen gekommen sei, sagte der Landesrat am Montag.

Weder bei der Polizei noch in der Landesbaudirektion, in der die Verkehrsabteilung des Landes angesiedelt ist, könnten die Zahlen Kronreifs bestätigt werden, sagte Mayr, der dann aus zwei Statistiken zitierte. So hätten sich von 4. März bis 20. Mai 2014 im fraglichen Abschnitt acht Verkehrsunfälle mit Personenschaden ereignet, heuer seien es elf gewesen. Im dritten Quartal 2014 seien dann 15 Unfälle registriert worden, heuer hingegen nur neun, so der Landesrat weiter. "Wo auch immer er die Zahlen herhat, wird uns ein Rätsel bleiben. Ich halte es für wirklich problematisch, wenn ein Sachverständiger solche Dinge von sich gibt."

Tempo 80 sei nicht seine Erfindung gewesen, und die Maßnahme sei auch nicht zur Reduktion der Unfälle eingeführt worden", betonte der Landesrat. Außerdem gelte der 80er ja keineswegs rund um die Uhr, sondern nicht einmal zur Hälfte der Zeit. – Kronreif selbst war am Montagvormittag für die APA nicht erreichbar. (APA, 16.11.2015)