Das HGNÖ soll in das von Hans Hollein geplante, seit 2002 bestehende, Landesmuseum Niederösterreich einziehen.

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Das Konzept des Architektenbüros Planet Architecs sieht sogenannte Vertiefungs- und Reflexionsräume und einen neuen Lift vor.

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Besucher sollen sich weniger "klassisch linear" durchs Museum bewegen, meint Architekt Gerhard Abel.

Foto: Planet Architects

Sankt Pölten – Lange wurde das Fehlen eines umfassenden historischen Museums für Österreich bekrittelt. Nun wird es gleich zwei Einrichtungen geben, die sich dieses Umstands annehmen wollen. Die Bundesregierung hat ihr Konzept für ein Haus der Geschichte Österreich (HGÖ) in der Wiener Hofburg im September präsentiert. Nun legte nach einjähriger Arbeit auch der 92-köpfige wissenschaftliche Fachbeirat für ein Haus der Geschichte Niederösterreich (HGNÖ) seine Pläne offen.

Entstehen soll das Haus auf 3000 Quadratmeter Ausstellungsfläche im Landesmuseum Niederösterreich in Sankt Pölten, das künftig nur noch Museum Niederösterreich heißen wird. Das Universalmuseum soll neben der Geschichte auch weiterhin die Natursammlung beherbergen. Platz schafft man durch die Übersiedelung der Kunstsammlung des Landes nach Krems, wo für 35 Mio. Euro ein neues Museum gebaut wird (der STANDARD berichtete).

Anders als in Wien, wo vor allem Republiksgeschichte erzählt werden soll, will man sich in Niederösterreich der Geschichte des Bundeslandes als "Kernland" Österreichs von der Urzeit bis zur Gegenwart annehmen. Einen Fokus lege man aber auf die Zeit ab dem 19. Jahrhundert, wie der wissenschaftliche Leiter Stefan Karner (Boltzmann-Institut) mitteilte.

Abschied vom Austrofaschismus?

Inhaltlich solle es "keine lineare Erzählung" geben, sondern über 20 "Längs- und Querschnitte" aus den Bereichen Natur, Politik, Identität, Kunst und Wirtschaft. Bei den Ausstellungsstücken könne man aus dem Bestand der Landessammlung mit über sechs Millionen Objekten schöpfen. Mit einem "Kulturpfad" zu umliegenden Institutionen wie dem Klangturm oder einer Synagoge soll Sankt Pölten als "zentraler Gedächtnisort" des Bundeslandes gefestigt werden.

Spannend bleiben die kontroversen Themen: Der Begriff Austrofaschismus taucht sowohl im Wiener als auch im Sankt Pöltner Konzept nicht auf. Was in Wien "Kanzlerdiktatur" heißt, wird im NÖ-Konzept als "autoritärer Ständestaat" bezeichnet. Die "Zerstörung der Demokratie" soll "im Kontext der Epoche inklusive divergierender Deutungen der Nachwelt" dargestellt werden, heißt es im Konzept. Als Handreichung nach Wien ist immerhin der Vermerk zu verstehen, mit dem HGÖ eine "bestmögliche Kooperation" anzustreben.

Drei Millionen Gesamtkosten

Die Kosten für das Projekt werden mit drei Millionen Euro beziffert, 2,5 Mio. für Umbauten und 500.000 Euro für die wissenschaftliche Arbeit. Beim Architektenwettbewerb entschied man sich für Gerhard Abel vom Büro Planet Architects, der zuletzt auch die Weltkriegsausstellung auf der Schallaburg ("Jubel und Elend") und die Landesausstellung "Ötscherreich" gestaltet hatte. Abel plant "Themenkreise", die sich überschneiden und nicht der klassischen linearen Museumsgestaltung folgen, "wo man geradeaus von einem Saal in den nächsten geht". Vielmehr solle man sich in Seitenstränge vertiefen und Überschneidungen entdecken können. Außerdem sei es im Landesmuseum besonders gut möglich "raumgreifende Objekte" zu zeigen. "In einem Haus der Geschichte darf auch gestaunt werden", so der Architekt.

Die Besucherzahlen wolle man von aktuell 60.000 pro Jahr auf 100.000 steigern, teilte Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) mit. "Größten Wert" lege man darauf, "kein parteipolitisches Haus zu machen". Beim Zeitplan, versicherte Pröll, sei man "voll auf Schiene". Eröffnet werden soll das HGNÖ bereits 2017 mit einer Ausstellung zur Ersten Republik. In Wien will man Ende 2018 folgen. (Stefan Weiss, 18.11.2015)