Mehr als 500 Millionen Menschen weltweit sind mit Hepatitisviren infiziert. Oft kommt es dabei zu schweren Leberschäden. Mitbeteiligt ist offenbar der körpereigene Abwehrstoff Interferon. Das konnte ein internationales Wissenschafterteam mit Forschern vom Wiener CeMM (Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) nun belegen.

Seit langem ist bekannt, dass verschiedenen Virustypen im Rahmen einer Hepatitis ganze Kaskaden an Immunreaktionen auslösen, die auch mit dem Tod des Betroffenen enden können. Die neue Studie, eine Kooperation von CeMM, der Berliner Charité, dem Deutschen Rheumaforschungszentrum sowie weiteren Partnern aus der Schweiz, England, den USA und Japan, weist auf Interferone als auslösende Faktoren hin. Die Ergebnisse der Arbeiten sind in der Fachzeitschrift "Immunity" erschienen.

Abwehr der Eindringlinge

An sich sind Interferone (im Zusammenhang mit Hepatitis Typ-1-Interferone) wichtige Schutzfaktoren bei Infektionen. Sie schalten in infizierten Zellen und dem umliegenden Gewebe ein Programm zur Abwehr der Eindringlinge an. Nicht nur bei Hepatitisviren, bei fast allen viralen und bakteriellen Krankheitserregern werden solche Proteine aktiv. Auf der anderen Seite konnten Bergthaler und seine Kollegen zeigen, dass es bei Virushepatitis auch zu einer Anhäufung gefährlicher Sauerstoffradikale in den Leberzellen kommt.

Das geschieht über zwei Mechanismen: "Einerseits hemmt Interferon das Enzym Superoxid Dismutase 1 (SOD1), das für die Beseitigung der Radikale verantwortlich ist. Darüber hinaus erhöht es zusätzlich die Menge der zerstörerischen Sauerstoffverbindungen", heißt es in einer Aussendung des CeMM. Das könne sogar den Tod der Leberzellen herbeiführen.

Überraschende Ergebnisse

"Seit den 1960er-Jahren wird das Interferon erforscht, eigentlich kennt man seine Wirkungsweise sehr gut. Dieser schädliche Effekt auf die Leberzellen war daher eine echte Überraschung", sagt CeMM-Forscher Andreas Bergthaler. Weshalb ein Molekül, das für den Schutz vor Krankheiten gedacht ist, sich gegen den eigenen Körper richtet, ist nicht wirklich bekannt. "Es könnte sein, dass dieser Kollateralschaden letztlich sogar hilfreich im Kampf gegen die Viren ist, denn Reste der abgetöteten Zellen können das Immunsystem zusätzlich ankurbeln", so der Wissenschafter.

Die Studie beschränkte sich nicht nur auf die Aufklärung der Mechanismen, die zu Leberschäden bei viraler Hepatitis führen. Bergthaler und seine Kollegen fanden auch einen Weg, um die Zellen vor der schädlichen Wirkung des Interferons zu schützen. Sie konnten mit einem speziellen Antikörper den Rezeptor an der Zelloberfläche blockieren, an den das Protein normalerweise bindet. So ließ sich die Bildung der Sauerstoffradikale verhindern. (APA, 18.11.2015)