Für Lehrlinge unter 18 Jahren sind Überstunden eigentlich verboten. Daran dürften sich nicht alle Betriebe halten.

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Branchen, die besonders schlecht abschneiden.

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Vier Fünftel ihrer Ausbildung verbringen Lehrlinge im Betrieb. Mit welchen Problemen sie dort konfrontiert sind, erhob das Österreichische Institut für Berufsbildungsforschung im Auftrag von Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB). Für den "Lehrlingsmonitor" wurden 6500 Lehrlinge im dritten Lehrjahr befragt.Das Ergebnis zeige, dass "grundsätzlich die Zufriedenheit mit dem Ausbildungsmodell groß ist", sagt Studienautor Peter Schlögl.

Trotzdem: 14 Prozent der heimischen Lehrlinge sind mit Ausbildung und Berufswahl unzufrieden. Nur rund die Hälfte würde sich nochmals für denselben Beruf und Betrieb entscheiden. 22 Prozent sind zwar mit dem Beruf zufrieden, aber nicht mit dem Ausbildungsbetrieb. Weitere 20 Prozent sind mit beidem unzufrieden.

Die Konsequenz: Jeder zweite Lehrling gab an, im Laufe der Ausbildung bereits daran gedacht zu haben, die Ausbildung abzubrechen. Jeder vierte zog diese Möglichkeit offenbar "ernsthaft" in Betracht.

Unfreiwillig Überstunden

Die Frage, ob sie unfreiwillig Überstunden leisten müssten, bejahten 27 Prozent der Lehrlinge in Tourismus und Gastronomie. Im Handel sowie im Gewerbe und Handwerk sind es elf bzw. zehn Prozent, in der Industrie sowie bei Banken und Versicherungen sind es zwei Prozent.

Für Lehrlinge unter 18 Jahren sind Überstunden eigentlich verboten, nicht alle Betriebe würden sich daran halten, stellt Schlögl fest.Die Sektoren, in denen schlechte Arbeitsbedingungen herrschen, seien zugleich auch jene, in denen die Unzufriedenheit mit der Lehre am größten ist, sagt Schlögl: Die Problemlehren sind laut "Lehrlingsmonitor" unter anderem Einzelhandel, Maler, Friseur, Koch, Hotel- und Gastgewerbeassistent sowie Gastronomiefachmann.

Die größte Zufriedenheit dürfte es bei den Lehrberufen Produktionstechniker, Maurer, Metalltechnik, Bankkaufmann oder Installations- und Gebäudetechnik geben.

In 64 Prozent der Ausbildungsbetriebe gibt es der Umfrage zufolge eine Zeitaufzeichnung, 22 Prozent der Lehrlinge verneinten die Frage, und 19 Prozent wussten es nicht. Bei der Kostenübernahme für die Berufsschule erklärten 41 Prozent der Lehrlinge, alles selbst bezahlen zu müssen. Bei 48 Prozent übernimmt der Betrieb sämtliche Kosten. Bei den restlichen elf Prozent werden die Kosten geteilt.

Kaum Feedback

40 Prozent der Lehrlinge sagen, dass sie kaum oder gar keine Rückmeldungen zu ihrem Ausbildungsfortschritt bekämen. Ebenso meinen 39 Prozent, dass sie ihre Ausbildnerin oder ihren Ausbilder selten sähen. Weitere 31 Prozent klagen dar über, dass sie Tätigkeiten übernehmen müssten, die gar nichts mit ihrem Beruf zu tun hätten.

34 Prozent der Lehrlinge fühlen sich vom Betrieb schlecht oder gar nicht auf die Abschlussprüfung vorbereitet. Gleichzeitig gaben 46 Prozent an, ihr Betrieb helfe bei der Vorbereitung. Etwa jeder Fünfte schafft die Lehrabschlussprüfung nicht oder tritt gar nicht erst an. 31 Prozent wollen nach der Lehre den Beruf wechseln, vor allem im Handel und im Tourismus gibt es laut Studie großen Veränderungswillen.

"Wo Licht ist, ist auch Schatten", kommentierte AK-Präsident Rudolf Kaske die Ergebnisse bei der Präsentation in Wien. ÖGB-Chef Erich Foglar verwies darauf, dass einige Unternehmen bei der Lehrlingsausbildung höchst erfolgreich seien und daher auch bei der Suche kein Problem hätten, während in anderen Branchen Lehrstellen oft unbesetzt blieben. Arbeiterkammer und Gewerkschaft bemängeln, dass Förderungen nicht an die Qualität der Ausbildung geknüpft sind, und forderten abermals eine "Fachkräftemilliarde". (Lisa Breit, 21.11.2015)