Berlin – Arbeit in Deutschland hat sich einer Studie zufolge im ersten Halbjahr 2015 durch den Mindestlohn stärker verteuert als in den meisten anderen europäischen Ländern. Die Arbeitskosten erhöhten sich im ersten Halbjahr um drei Prozent, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK).

Der Zuwachs fiel stärker aus als in der EU (2,2 Prozent) und im Euroraum (1,7 Prozent). Das Institut macht dafür den seit Jahresbeginn geltenden bundesweiten Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde mitverantwortlich, der vor allem im Dienstleistungssektor wirkt.

Das Institut sieht die Entwicklung positiv. "Steigende Löhne sind ein wichtiger Grund für die solide Binnennachfrage, steigende Arbeitskosten spiegeln das wider", sagte IMK-Direktor Gustav Horn. Der moderate Aufwärtstrend der deutschen Wirtschaft werde wesentlich vom Konsum getragen.

Immer noch wettbewerbsfähig

Dadurch sei der Aufschwung aktuell nachhaltiger als vor fünf oder zehn Jahren. "Damals hätte uns beispielsweise der Wachstumsrückgang in China weitaus heftiger getroffen", sagte Horn. Würden die Arbeitskosten in Relation zur Produktivität gesetzt, so lägen die so berechneten Lohnstückkosten um gut zwölf Prozent unter denen der anderen Euroländer. "Deutschland besitzt immer noch eine sehr hohe Wettbewerbsfähigkeit", betonte Horn.

2014 mussten deutsche Arbeitgeber in der Privatwirtschaft – also Industrie und Dienstleister – im Schnitt 31,90 pro Stunde aufwenden. "Höher liegen die Arbeitskosten in sieben Ländern: In Dänemark, Belgien, Schweden, Luxemburg, Frankreich, den Niederlanden und Finnland", erklärte das Institut. Dort müssen zwischen 33 und 42,10 Euro ausgegeben werden.

"Deutschland liegt im oberen Mittelfeld", sagte Horn. Arbeitskosten setzen sich aus Bruttolohn, Arbeitgeberanteile an den Sozialbeiträgen, Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung sowie als Arbeitskosten geltende Steuern zusammen. (APA, Reuters, 19.11.2015)