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Reif für die Insel? Auch Eltern träumen davon, mal aus dem Alltag auszubrechen.

Foto: apa / SPATH STEFAN

Mein Mann hat die große Tochter in die Schule gebracht. Während ich meinen Sohn im Kindergarten abgebe, läutet das Telefon. Er hat die Geldtasche zu Hause vergessen. Die kleine Susi im Kinderwagen brüllt, weil ihr kalt ist. Ich suche die Geldbörse, schalte schnell noch die Waschmaschine ein, werfe den Trockner an und mache mich auf den Weg ins Büro. Während der Fahrt ruft die Schule an und bittet darum, die Große wieder abzuholen, weil ihr schlecht ist. Ich drehe um, rufe meinen Mann an, dass er die Geldbörse nicht bekommt.

Am Weg zur Schule kaufe ich noch schnell ein Kipferl für die Kleine im Kinderwagen. Ich hole meine kranke Tochter und fahre mit beiden nach Hause. Einkaufen fällt aus. Da die Oma nicht erreichbar ist, bitte ich die Nachbarin, auf die Kinder aufzupassen, damit ich meinen Sohn wieder vom Kindergarten abholen kann. Wieder zu Hause koche ich, beschäftige und versorge die Kinder und erledige den Rest der Hausarbeiten. Der ganze Tagesplan ist durcheinandergekommen. Als mein Mann am Abend nach Hause kommt, bin ich wieder einmal völlig erschöpft. Denn eigentlich wollte ich ...

Ich liebe meine Kinder, meine Familie über alles. Ich mag es, wenn es turbulent zugeht, die Tochter Freunde zum Essen mitbringt oder Freundinnen zum Übernachten einlädt. Das alles ist es, was ich mir in meinem Traum von Familie so wunderschön vorgestellt habe. Aber an solchen Tagen träume ich davon, endlich mal wieder ganz allein zu sein. Zugegeben, es ist nicht gerade populär, aber eine Auszeit von den Kindern wünschte ich mir zum Geburtstag am allermeisten!

"Ich bin mal eben weg!"

Niemand, der nach seiner Lieblingsjeans fragt. Keiner, der mir mit seinem Chaos im Badezimmer und der dreckigen Wäsche im Kinderzimmer auf die Nerven geht. Den Dreck, den alle verursachen, mal nicht eben schnell noch wegputzen. Ich möchte allein für mich auf diesem Planeten sein. Nicht verantwortlich sein für dieses oder jenes und nur, aber wirklich nur an mich denken.

Oft kommt mir der Gedanke, einfach meine Sachen zu packen, diesen Chaoshaufen zurückzulassen und einzutauchen in eine fremde Welt, in der das Wörtchen Mama keine Bedeutung für mich hat. Klammheimlich surfe ich in den Minuten meiner spärlichen Freizeit im Internet und suche nach einem idyllischen Strandurlaub und einsamen Buchten. Es gibt viele – und alle scheinen nur auf mich zu warten.

Ja, es gibt sie, diese Momente, wo ich alle liebend gern auf den Mond oder sonst wohin schicken möchte. Oder einfach die ganze Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen. Kindermädchen, Putzfrau, Tierpfleger, Krankenschwester, Einkäufer, Koch und Chauffeur anstellen, die die Wünsche der ganzen Familie prompt und ohne Murren erledigen. Sie perfekt stylen, ihr alle Hausaufgaben aus dem Effeff erklären können, Wunden versorgen und Krankheiten heilen, jeden Tag das Lieblingsessen zubereiten und dafür sorgen, dass immer genügend Sachen zum Anziehen gebügelt in ihrem Kasten zu finden sind – die einfach alle Dinge erledigen, die das Leben angenehm machen.

Auszeit vom Mama- oder Papa-Sein

Oft habe ich das Gefühl, dass ich permanent Fehler mache: nicht gelassen bleibe, wenn Geduld angesagt wäre, herumnörgle, wenn doch alle ihre Ruhe haben möchten, Konsequenzen ziehe, die ich mir so vorher gar nicht wirklich überlegt habe. Dann fühle ich mich ganz allein mit meiner Verantwortung, die zu tragen ich zwar bereit bin, aber die im Einzelnen und Speziellen mich doch oftmals an meine Grenzen bringt.

Dann wünschte ich mir, dass es anderen Müttern oder Vätern auch so gehen möge. Dass es Menschen gäbe, die – so wie ich es gerne tun würde – sich zu sagen trauten: "Ich hätte gerne eine Auszeit vom Mama- oder Papa-Sein!"

Die ach so heile Familie

Doch dann treffe ich Eltern und höre, ach, wie schön das mit der Familie ist. "Stell dir vor, gestern hat Pauli zum ersten Mal 'Mama' gesagt." – "Linda hat in ihrem letzten Zeugnis lauter Einser bekommen." – "Mein Jakob räumt schon das Zimmer auf, seit er drei Jahre alt ist." – "Eveline bleibt nach der Gute-Nacht-Geschichte ganz brav in ihrem Bettchen und schläft immer mindestens bis 9 Uhr."

Da frage ich mich dann: Bin ich die einzige Mutter aller Mütter, die eine einsame Insel bereisen und sich manchmal der ganzen Verantwortung entledigen möchte? Die Kinder hat, die nicht im Bett bleiben, die ihr Zimmer nicht freiwillig aufräumen und niemals in ihrem Zeugnis lauter Einser haben?

Wenn ich am Abend die Kinder betrachte, die friedlich in ihren Betten schlummern, dann weiß ich wieder, dass es jetzt doch nichts ist mit der einsamen Insel. Die kann ich ja auch später noch, wenn die Kinder größer und selbstständiger sind, bereisen. Dann sehe ich meinen Alltag mit Kindern, Familie, Haushalt und Job wieder gelassener.

Ihre Erfahrungen?

Vielen Müttern und Vätern geht es so. Wünschen Sie sich auch manchmal eine Auszeit? Wie geht es Ihnen mit ihrem Alltag? Wie würden Sie Ihre Auszeit gerne gestalten? Posten Sie Ihre Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 20.11.2015)