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Die Vergangenheit der einstigen Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG) wird erneut untersucht. Nun kommen die strategischen Entscheidungen unter die Lupe.

Foto: APA/Fohringer

Wien – Die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) hat vor ihrem Ableben noch einen Anlauf zur Vergangenheitserforschung genommen. Der Vorstand hat Wirtschaftsprüfer Ernst & Young beauftragt, die strategischen Entscheidungen von Ende 2007 bis Anfang 2013 zu untersuchen. Geprüft wird, wer wann was beschloss – und vor allem auch, welche Warnungen es gab und was selbige (nicht) bewirkten. Die ÖVAG, die 2005 die Mehrheit von Investkredit und Kommunalkredit (2008 notverstaatlicht) übernommen hatte, musste 2012 teilverstaatlicht werden. Vorigen Juli ging aus ihr die Bad Bank Immigon hervor, die Funktionen des Spitzeninstituts des Sektors übt nun die Volksbank Wien aus.

Aus dem Gutachten erwarten die Eigentümervertreter weniger Grundlagen für Klagen oder Anzeigen als "Aufklärung", wie es zu den Entscheidungen und den daraus resultierenden riesigen Verlusten gekommen ist, wird erklärt.

Paradies für Berater

Das ist nicht der erste Erhellungsversuch: Die Ergebnisse der "Sonderuntersuchung ÖVAG" durch Gutachter Matthias Kopetzky von Business Valuation liegen schon seit Mai auf dem Tisch. Er hat die Daten für Beraterverträge, Eigenkapitalbeschaffung, Geschäfte der Bank in Malta und Immobilienprojekte, bei denen es den Verdacht auf Kickbacks gab, unter die Lupe genommen. "Weiteren erheblichen Untersuchungsbedarf" orten die Gutachter bei einigen Beraterverträgen und Immobilienprojekten, in die der frühere Bankmanager K. und Kunde M. involviert waren.

Berater standen bei der ÖVAG stets hoch im Kurs, vor allem ab 2004, als Franz Pinkl Chef wurde. Laut Gutachten summierten sich die Beraterhonorare zwischen 2004 und 2008 auf 81,5 Mio. Euro; am meisten bekam in der Zeit die Boston Consulting Group (BCG, 21,6 Mio. Euro). Die Deutsche Bank verrechnete von 2004 bis 2009 rund 22,4 Mio. Euro. Allein die Dienste von Coach und Berater Enrico Riccabona ließ sich die ÖVAG 712.000 Euro (2007 und 2008) kosten.

Projekt Odysseus

Auffälligkeiten fanden die Gutachter bei den Beraterverträgen für das "Projekt Odysseus/Austria" beim Kauf der Investkredit 2005. Ein Abenteuer, das sich als einer der Sargnägel der ÖVAG herausstellen sollte. Berater war die Deutsche Bank AG, das Bruttohonorar betrug pauschal 50.000 Euro im Monat, in Summe wurden es dann 7,8 Mio. Euro. Denn: Ausgemacht war neben einem Erfolgshonorar ein besonderes Goodie. Aus dem Vertrag: "Unabhängig von der Höhe des (...) Erfolgshonorars wird der Kunde (ÖVAG, Anm.) über die Zuerkennung eines diskretionären Performancehonorars entscheiden." Maximal betrage das eine Million Euro, "es wird allein vom Kunden nach dessen freiem Ermessen festgelegt".

Zwar konnte die Innenrevision nicht mehr alle Rechnungen finden, die Gutachter errechneten aber, dass die Million geflossen ist. Ihr Fazit: Dieser "Honorarbestandteil war an kein messbares Kriterium gekoppelt, was uns (...) als äußerst unüblich erscheint". Zumal nichts zur "Entscheidungsfindung in der ÖVAG" zu finden gewesen sei.

Hinterfragungswürdig sei auch das 2006 bezahlte Honorar von einer Million Euro der Deutschen Bank (Filiale Wien) von 2006. Damals wurde der Anteil an der Hypo NÖ verkauft, die "Leistungsbeschreibung" in der Rechnung sei "äußerst kurz und unspezifisch gehalten". Sie lautete: "Allgemeine Beratungsleistungen".

Zwölf Millionen für 21 Tage

"Äußerst unüblich" erscheine auch die Honorargestaltung von Teil zwei des "Projekts Rio" im Herbst 2008, das insgesamt 21 Tage lief und bei dem es um "strategische Beratung in Bezug auf die mittel- bis langfristige Position der Kommunalkredit" ging. (Sie wurde dann verstaatlicht.) Das Besondere dabei: Laut Vertrag wurde eine "Provision von bis zu fünf Mio. Euro" netto vereinbart, "wobei die Höhe vollständig im Ermessen der Kunden (ÖVAG und Kommunalkredit, Anm.) liegt". Bezahlt wurde laut Rechnung der Deutschen Bank "für Beratungsleistungen". Diese konnte der Gutachter "nur in sehr eingeschränktem Maße nachvollziehen". Denn: "Bei fünf von acht Leistungsbestandteilen konnten wir (...) derzeit überhaupt keine Leistungserbringung feststellen." Insgesamt betrugen die Beratungskosten für Projekt Rio 1 und 2 rund zwölf Millionen Euro (brutto).

Laut einem mit der Sache Vertrauten haben sich aber alle Bedenken aufgelöst. Bei weiteren Recherchen hätten sich "weder Täuschung noch sonstiges Fehlverhalten" der Beteiligten manifestiert. Da gebe es "keine Skandale". (Renate Graber, 23.11.2015)