Philosophie und Tanz – da kann man sich mitunter ganz schon verheddern: ein Stil aus "Twisted Nietzsche".


Foto: FWF PEEK-Projekt Artist-Philosophers

Wien – Köpfe stehen in Flammen, Körper befinden sich in Ausnahmezuständen! Philosophie als Live-Ereignis, als Denken, das auf der Zunge zergeht, durch Adern strömt und in den Muskeln rauscht. Das alles könnte bei "Philosophy On Stage" wahr oder zumindest wirklich werden, wenn sich diese viertägige Nietzsche-Apotheose ab Donnerstag über diverse Schauplätze im und um das Tanzquartier Wien bewegt. Die in nicht notwendigerweise nur heitere Kunst injizierte fröhliche Wissenschaft hebt am 26. November ab, das ist zugleich und zufällig der 158. Geburtstag des Sprachwissenschafters Ferdinand de Saussure, dessen Arbeit starken Einfluss auf die postmoderne Philosophie hatte.

In der TQW-Halle G sorgen Wolfgang Mitterer und Franz Hautzinger für Sounds jenseits von Gut und Böse, hebt Dieter Mersch im Zusammenspiel mit Nikolaus Gansterer dionysisch ab und tanzt Saskia Hölbling auf Zäunen. Danach brillieren unter anderen Arno Böhler – er hat dieses Philosophie-Staging angezettelt -, Susanne Granzer und Sandra Noeth.

Am Freitag, dem 24. Todestag von Vilém Flusser, geht es schon um 11.30 Uhr los, wenn das "Sublin/mes"-Kollektiv "von unten" philosophiert. Am Nachmittag performt Bernadette Anzengruber "insideout", stellen Graham und Helen Parkes fest, dass es für das schiere Hiersein keine App gibt, und rettet Daniel Aschwanden den Zufall.

Abends ortet Barbara Kraus ein Feld, verwickelt Jens Badura sein Denken, improvisiert Karlheiz Essl mit Agnes Heginger und wird Judith Butler mit toten Philosophen "verclubt". Nachts steigt "The Jewish Renaissance Boxing Club" in den Ring. Das wird übermenschlich (1889 schrieb Nietzsche im Wahn an Cosima Wagner: "Es ist ein Vorurtheil, daß ich ein Mensch bin.").

Am Samstag, wenn der 195. Geburtstag von Friedrich Engels gefeiert wird, begegnen wir u. a. Alice Lagaay, Anna Mendelssohn, Martin Puchner, Milli Bitterli und Diana María Acevedo Zapata. Und den Tag des Herrn, zu Busby Berkeleys 120er, versüßen Nicholas Ofczarek und Brian Massumi. (Helmut Ploebst, 24.11.2015)