Bild nicht mehr verfügbar.

Schnee, Eis und klirrende Kälte: Das ficht ein echtes Jakutenpferd nicht an.

Foto: REUTERS/Viktor Everstov

Kopenhagen – Etwa so groß wie ein Haflinger, aber stämmiger gebaut und mit einem langen, dichten Fell versehen, ist das Jakutenpferd gut an seine nordostsibirische Heimat angepasst. Es widersteht dort Temperaturen, die bis auf minus 70 Grad sinken können. Eine im Fachmagazin PNAS veröffentlichte Genetikstudie hat nun das überraschende Ergebnis erbracht, dass diese evolutionäre Anpassung in Rekordzeit erfolgt sein muss.

Die Tiere wurden nämlich erst vor knapp 800 Jahren von jakutischen Einwanderern aus dem Süden mitgebracht. Die Jakuten lebten ursprünglich in der Region des Baikalsees und zogen ab dem 13. Jahrhundert unter dem Druck des expandierenden Mongolenreichs Richtung Nordosten. Dort vermischten sie sich mit indigenen sibirischen Völkern und leben bis heute als Jäger, Fischer und Viehzüchter. Ihre widerstandsfähigen Pferde spielen eine bedeutende Rolle für ihren Lebensstil.

DNA-Vergleich zwischen heutigen und ausgestorbenen Pferden

Forscher der Universität Kopenhagen haben diese bemerkenswerten Pferde einer genaueren Analyse unterzogen. Dafür verglichen sie die DNA heutiger Jakutenpferde mit der eines Exemplars, das vor etwa 200 Jahren lebte, sowie mit jahrtausendealten Pferdefossilien, die ebenfalls aus der Region stammen. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin PNAS erschienen.

Pferde gab es in Jakutien schon vor mindestens 30.000 Jahren, wie Fossilien zeigen. Erst in jüngster Vergangenheit hat sich gezeigt, dass es sich dabei um eine Population gehandelt haben muss, die sich schon vor etwa 150.000 Jahren von der Hauptlinie der asiatischen Wildpferde abspaltete, aus der später auch das Hauspferd hervorgehen sollte. Diese isolierte Population sibirischer Wildpferde, die ebenfalls gut an die Kälte angepasst gewesen sein muss, ist aber nicht in den Genpool des Jakutenpferds eingeflossen. Stattdessen dürften diese Tiere vor etwa 5.000 Jahren ausgestorben sein, zeitgleich mit anderen Vertretern der sibirischen Megafauna.

Veränderte Genexpression

Die Jakutenpferde hingegen kamen aus der vergleichsweise lauschigen Mongolei und entwickelten innerhalb weniger Jahrhunderte ihre Kälteresisenz. Möglich wurde diese laut dem Forschungsteam um Ludovic Orlando durch evolutionär gesehen blitzartig verlaufene Änderungen in der Expression mehrerer Gene. Und diese Gene sind auch keine unbekannten: Etwa das PRKG1-Gen, von dem man beim Menschen weiß, dass es mit der Zitterreaktion bei Kälte zu tun hat. Oder BARX2, das beim Wollhaarmammut für ein dichtes Fell sorgte.

Die Genexpression hat sich also bei nicht näher miteinander verwandten Säugetiergruppen unabhängig voneinander in ähnlicher Weise verändert, um auf vergleichbare Umweltbedingungen zu reagieren. Die dänischen Forscher betrachten die Kälteanpassung des Jakutenpferds daher als überzeugendes Beispiel für die Mechanismen konvergenter Evolution. In diesem Fall einer, die im Galopp stattgefunden hat. (jdo, 24. 11. 2015)