Bild nicht mehr verfügbar.

In der Elektronik liegt der große Fortschritt, aber auch erhebliches Potenzial für unredliche Handlungsweise.

Foto: APA

Bild nicht mehr verfügbar.

Klimaschutz und Schadstoffausstoß sind unterschiedliche Themen, die trotzdem nicht voneinander getrennt werden dürfen.

Foto: APA

Eigentlich ist alles ganz einfach, bloß werden ein paar Dinge leicht verwechselt. Die Auseinandersetzung mit Fahrzeugabgasen begann in der ersten autogerechten Stadt der Welt, Los Angeles, bereits in den 1950er-Jahren. Vor lauter Autogerechtigkeit war die Sicht teilweise vernebelt, und man konnte zeitweise kaum mehr schnaufen. Smog hieß die Plage.

Der Katalysator wurde erfunden und löste einen erheblichen Teil des Luftproblems. Seither ist man auf der ganzen Welt ständig am Luftproblemelösen aufgrund des Autoverkehrs, mehr oder weniger erfolgreich. Jetzt haben wir auch noch ein Klimaproblem. Und hier beginnt schon das Tohuwabohu.

Schadstoffe

Es geht um die Gase, die nach dem Verbrennungsvorgang aus dem Auspuff strömen: Man unterscheidet zwischen dem unmittelbar nicht gesundheitsgefährdenden CO2 und den Schadstoffen. Hauptsächlich werden bei der Oxidation (Verbrennung) der Kohlenwasserstoffe des Kraftstoffs mit dem Sauerstoff aus der Luft CO2 (Kohlendioxid) und H2O (Wasserdampf) gebildet. Wasserdampf ist harmlos, Kohlendioxid erwärmt das Klima, ist aber kein Schadstoff.

Da diese Verbrennung nicht perfekt abläuft, bilden sich zusätzlich noch unerwünschte chemische Verbindungen. Anteilsmäßig am gesamten Abgas liegen die Schadstoffe in der Größenordnung von einem Prozent. Sie heißen: Stickoxide, Kohlenmonoxide, Kohlenwasserstoffe und Partikel – Letztere sind Kohlenwasserstoffe in fester Form. Die Schadstoffe sind nicht nur selbst schädlich, sie können durch weitere chemische Reaktionen in der Umgebungsluft, etwa mit Wasserdampf (Nebel), noch gefährlichere und größere Mengen an giftigen und ätzenden Substanzen bilden.

Stärken und Schwächen

Benzin- und Dieselmotor haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. So hat der Benzinmotor einen schlechteren Wirkungsgrad und damit höheren CO2-Ausstoß, dafür aber weniger Schadstoffe, weil man diese mit einem Dreiwegkatalysator fast perfekt beseitigen kann. Der Diesel hingegen ist mit dem günstigeren Wirkungsgrad besser in der CO2-Bilanz, hat aber seine liebe Not bei den Schadstoffen, hauptsächlich Stickoxiden und Partikeln. Seine umweltschädlichen Abgase lassen sich nur mit sehr aufwendiger Abgasreinigung beseitigen, und das auch oft nur lückenhaft.

Technisch machbar

Die Verschärfung der Abgasgesetze war bisher eher von der technischen Machbarkeit geprägt als von ökologischen oder medizinischen Aspekten. Beispiel: Weil die Reduktion der Stickoxide und die Verringerung der Rußpartikel bei Dieselmotoren schwieriger sind, dürfen diese zumindest in Europa mehr ausstoßen als Benziner.

Auch die Frage der Messtechnik spielt in die Festlegung von Grenzwerten hinein, aus einem einfachen Grund: Konzentrationen, die so gering sind, dass man sie nicht mehr messen kann, braucht man auch nicht vorzuschreiben, auch wenn dies aus Umweltgesichtspunkten zielführend wäre. Abgastests zur Typisierung sind extrem aufwendig und können nur von Herstellern und wenigen Prüfanstalten durchgeführt werden. Abgastests, die bei Autowerkstätten und Autofahrerclubs beim Pickerl gemacht werden, können nur grobe Abweichungen von den vorgeschriebenen Grenzwerten aufdecken, sowohl von den Messgrößen her als auch vom Testprocedere.

Wunsch und Wirklichkeit

Das heißt, Wunsch und Wirklichkeit müssen irgendwo zusammengeführt werden, und hier entsteht das größte Spannungsfeld. Technokratische und kaufmännische Rahmenbedingungen treffen auf politische Willenserklärungen.

Die Motoren und die Messung ihrer Abgase wurden im Parallelschwung entwickelt. Die politischen Forderungen nach strengeren Schadstoff- und Verbrauchsvorgaben konnten auch nur in Abstimmung mit den Hütern der Machbarkeit erfolgen. Da der gesellschaftliche Druck beim Klimaschutz und auch auf der Schadstoffseite immer größer wurde, gingen Autoindustrie und Politik in die "Geht nicht gibt’s nicht"-Falle. Die vielen neuen Möglichkeiten der Elektronik wirkten dabei wie ein Turbo in die falsche Richtung. Aus dem Ausreizen von legalen Möglichkeiten zur Einhaltung von Gesetzen wurde Betrug.

Jetzt wäre ein historisches Fenster für einen Neubeginn, der für ganz Europa ökologisch wie technologisch enormen Schub bringen könnte. Beim Weinskandal hat so ein Neubeginn immerhin funktioniert, aber das war auch eine Mickey-Mouse-Nummer gegen die ganze Umweltproblematik. (Rudolf Skarics, 27.11.2015)