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Der Funkhaus-Verkauf ist noch nicht vom Tisch.

Foto: APA / Neubauer

Wien – Die Gewerkschaft der Privatangestellten Druck, Journalismus, Papier und der Österreichische Kunstsenat sprachen sich am Freitag gegen den Verkauf des ORF-Funkhauses in der Argentinierstraße in Wien aus. Die GPA warnt in ihrer Resolution vor drohendem Personalabbau und einer "massiven Beeinträchtigung der journalistischen Vielfalt". Die IG Autorinnen Autoren lädt indes zu einer "Live-Anthologie".

"Es ist selbstverständlich, dass der ORF sich für die wirtschaftlichen und programmlichen Herausforderungen in der gegenwärtigen und zukünftigen Medienwelt rüstet. Den Verkauf des Wiener Funkhauses und die damit einhergehende Übersiedelung der ORF-Radios, eventuell auch des Landesstudios Wien, aus der Innenstadt an den Stadtrand auf den Küniglberg halten wir aber aus mehreren Gründen für kein probates Mittel", so GPA-djp Vorsitzender Wolfgang Katzian.

Resolution: "Rettet das Funkhaus!"

In ihrer Resolution unter dem Titel "Rettet das Funkhaus!" warnt die Gewerkschaft zudem vor Personalabbau, einer häufigen Folge von örtlichen Konzentrationsprozessen. Die bisher bestehenden Senderidentitäten – vor allem jene von Ö1 – seien "einer massiven Bedrohung" ausgesetzt. Die Gewerkschaft sieht aber auch die journalistische Unabhängigkeit des ORF gefährdet, denn eine Zusammenführung aller Nachrichtenredaktionen trage zur Verringerung der Informationsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bei. Betrachte man die bisher bekannten wirtschaftlichen Parameter, kämen ebenfalls Zweifel an "Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit" dieses Vorhabens auf. Die GPA fordert deshalb die ORF-Geschäftsführung und den Stiftungsrat auf, die Entscheidung für den Verkauf "zu überdenken und zurückzunehmen".

Kunstsenat besorgt

In einem Schreiben an ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und den Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrates Dietmar Hoscher drückt der Österreichische Kunstsenat seine "große Besorgnis und seine Missbilligung hinsichtlich der Pläne des Österreichischen Rundfunks in Bezug auf das RadioKulturhaus aus". "Ein solches Haus einem so ungewissen Schicksal zu überantworten, bei dem möglicherweise auch ein kommerzieller Gedanke im Vordergrund steht, halten wir für fahrlässig und einer Kulturnation für unwürdig", wie es in dem von Präsident Josef Winkler unterzeichneten Brief heißt.

Bei einem Verkauf sei daher sicherzustellen, dass keine Nutzungsänderungen möglich sind. Besondere Gefahr besteht laut dem Gremium aufgrund der Ankündigung des ORF, im Fall eines Verkaufs Teile der Räumlichkeiten – etwa für Proben und Aufnahmen des RadioSymphonieorchesters – zurückzumieten. Denn dabei handle es sich nur um eine "begrenzte Absichtserklärung". Daher fordere der Kunstsenat eine ernsthafte und öffentlich geführte kulturpolitische Diskussion, in der die "möglichen desaströsen Folgen eines Verkaufs und die irreparablen Schäden dieses Handelns beleuchtet werden".

"Live-Anthologie" der Autoren

Die IG Autorinnen Autoren plant währenddessen unter dem Motto "Funkhäuser verkauft man nicht" eine "Live-Anthologie" des Gebäudes. Ab sofort werden kurze Texte zum Funkhaus selbst, seinen Einrichtungen und Programmen gesammelt, diese werden in eingehender Reihenfolge in wöchentlichen Dossiers veröffentlicht. Darüber hinaus ist auch eine Zusammenfassung in Form einer Buchpublikation geplant, wie es am Freitag in einer Aussendung hieß.

Die Kritikpunkte der Gewerkschafter im Wortlaut:

"Nach allen Erfahrungswerten haben örtliche Konzentrationsprozesse von Großunternehmen immer auch Personalabbau zur Folge. Das ist auch in diesem Fall zu befürchten, denn Einsparungen bei den Personalkosten, im Managementjargon als "Synergien" verbrämt, waren letztlich ausschlaggebend für die umstrittene Entscheidung des Stiftungsrates, des ORF-Aufsichtsgremiums im Jahre 2014. Gefährdet sind die Arbeitsplätze von JournalistInnen, TechnikerInnen und administrativem Personal, wenn es zur Zusammenlegung der Wiener ORF-Standorte kommt.

Gefährdet sind aber auch die bislang bestehenden Senderidentitäten bei einem solchen Konzentrationsprozess. Insbesondere das im europäischen Vergleich erfolgreichste Kultur- und Informationsradio Ö1, Herzstück der öffentlich-rechtlichen Identität des ORF, ist hier einer massiven Bedrohung ausgesetzt, weil wesentliche Teile des Senders entweder in einem trimedialen Newsroom oder in sogenannten "multimedialen Programmclustern" im ORF-Zentrum aufgehen sollen.

Gefährdet ist aber auch die journalistische Unabhängigkeit des ORF, wie es auch die wiederholten Warnrufe der RedakteurssprecherInnen zeigen. Die Zusammenführung aller Nachrichtenredaktionen und Informationsdienste (Radio, Fernsehen, Online und Teletext) in einem Newsroom und unter ein letztentscheidendes Kommando (InformationsdirektorIn) trägt zur Verringerung der Informationsvielfalt im ORF bei. Vielfalt und Unabhängigkeit der Berichterstattung sind aber die Kernaufgaben jeder öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Diese Grundwerte einer unnötigen Bedrohung auszusetzen, kann einen unabsehbaren Imageschaden für den ORF und seine MitarbeiterInnen nach sich ziehen.

Auch die bislang öffentlich bekannten wirtschaftlichen Parameter für einen Verkauf des Wiener Funkhauses lassen berechtigte Zweifel an der Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit dieses Vorhabens aufkommen. Denn nach einem etwaigen Verkauf muss der ORF beträchtliche Teile des Gebäudes für eigene Zwecke anmieten. Dieser Umstand und die Tatsache, dass der potenzielle Verkaufserlös zu nichts anderem als einem ausgeglichenen ORF-Budget 2016 führen soll, lässt darauf schließen, dass hier unnötigerweise und unwiederbringlich Familiensilber verschleudert werden soll, und das womöglich an Immobilienspekulanten." (APA, red, 27.11.2015)