Wien – Die Gewerkschaft der Privatangestellten startet diese Woche mit einer Kampagne für einen Mindestlohn beziehungsweise -gehalt von 1.700 Euro brutto. Das sei eine "unabdingbare Voraussetzung, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können", erklärte GPA-Chef Wolfgang Katzian am Montag. Wie berichtet ist man davon derzeit noch in vielen Branchen deutlich entfernt.

Die Kampagne "Das ist wohl das Mindeste" sei auch eine Reaktion auf die ÖVP-Forderungen nach einer Senkung der Mindestsicherung. "Nicht die Mindestsicherung ist zu hoch, sondern die Einkommen sind zu niedrig", sagte die GPA-Frauenvorsitzende Ilse Fetik.

Bild nicht mehr verfügbar.

Im Handel läuft das Weihnachtsgeschäft gerade an. Vor kurzem wurde ein Mindest-KV von 1.500 Euro erreicht, als nächstes Ziel gibt die Gewerkschaft 1.700 Euro aus.
Foto: apa

1.700 brutto entspricht 1.253 netto

Das Meinungsforschungsinstitut Ifes hat für die Gewerkschaft auf Basis des Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer Oberösterreich (Sample 6.225 unselbstständig Beschäftigte, Zeittraum 2013 bis 2015) ausgewertet, wer von einer Anhebung der Kollektivverträge am stärksten profitieren würde. Ein Bruttogehalt von 1.700 Euro entspricht derzeit netto 1.253 Euro (nach der Steuerreform am 1. Jänner werden es 1.311 Euro sein). Bei den Frauen liegen demnach 27 Prozent unter dieser Grenze, bei den Männern sind es nur zehn Prozent, wie diese Grafik zeigt.

Bei den unter 25-Jährigen verdienen fast die Hälfte weniger als 1.250 Euro netto im Monat. Ab 36 Jahren gibt es kaum mehr Unterschiede.

Bei Menschen mit Migrationshintergrund verdienen 22 Prozent weniger als 1.250 Euro netto (ohne Migrationshintergrund sind es 17 Prozent). Fast die Hälfte der Niedrigverdiener haben nur Pflichtschulabschluss.

Sieht man sich die Familienverhältnisse an, zeigt sich wenig überraschend, dass Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher statistisch betrachtet am häufigsten wenig verdienen.

Fragt man die Menschen, "wie zufrieden sie alles in allem gesehen mit ihrem Einkommen" sind, zeigt sich, dass immerhin 46 Prozent der Niedrigverdiener "sehr zufrieden" oder "zufrieden" sind. 54 Prozent sind "eher nicht" bis "nicht zufrieden".

Das ist insofern interessant, als gleichzeitig 69 Prozent der Befragten angeben, ihr Einkommen reiche "gerade aus", um über die Runden zu kommen. 15 Prozent jener, die weniger als 1.250 netto im Monat verdienen, meinen sogar, das Geld "reicht nicht aus".

Zum Teil können die Menschen aber auch auf Unterstützung von nichtstaatlicher Seite zurückgreifen. Bei den Niedrigverdienern helfen immerhin in 22 Prozent der Fälle Eltern oder Großeltern aus.

Von einer flächendeckenden Untergrenze von 1.700 Euro würden laut Katzian 800.000 Menschen in Österreich profitieren. Einen gesetzlichen Mindestlohn lehnt die Gewerkschaft aber weiter ab. In diesem Fall würde die Mindestbezahlung von den jeweiligen politischen Mehrheitsverhältnissen abhängen. Im Falle eines Regierungswechsels könnten also die Mindeststandards mit einfacher Mehrheit gesenkt werden, was man ablehne. (Günther Oswald, 30.11.2015)