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Migranten müssen oft Jobs annehmen, die nicht ihrer Qualifikation entsprechen – besonders wegen sprachlicher Barrieren.

APA/dpa

Wien – Mitten in der Flüchtlingswelle hat die Statistik Austria am Montag eine Studie zur Arbeitsmarktsituation von Migranten vorgestellt. Diese analysiert zwar die Situation des Vorjahrs, laut Behördenchef Konrad Pesendorfer kann man daraus aber auch Schlüsse für die Folgen der aktuellen Situation ziehen. "Integration funktioniert über Sprache", sagte er bei der Präsentation.

Eine wesentliche Ursache dafür, dass die Arbeitslosigkeit bei nicht in Österreich Geborenen höher ist, sei die Sprachkenntnis. Nach der Sprache folge der Bildungsstand, so der Statistik-Austria-Chef am Montag. Nicht vergessen dürfe man dabei, dass während des Sprachlernens die ursprüngliche Berufsqualifikationen nicht weiterentwickelt werde und damit veralte. So könne eine "Verwendung" von Migranten mit nichtdeutscher Muttersprache am Arbeitsmarkt "problematisch" werden.

Akademiker als Lagerarbeiter

Wenn etwa ein Akademiker zwei, drei Jahre fürs Erlernen von Deutsch brauche und einstweilen als Lagerarbeiter seinen Unterhalt verdiene, sage sich wohl jeder potenzielle Arbeitgeber, dass er diesen nicht einfach als Akademiker in seinem Unternehmen einsetzen könne. Pesendorfer lobte das Projekt des AMS, bei dem zuerst in der Muttersprache Qualifikationen und Fähigkeiten von Nichtösterreichern erhoben würden. "Das ist ein wesentliches Element, um relativ schnell zu differenzieren, ob es sinnvoll ist, sehr viel Geld und Zeit in die Weiterbildung der Person zu investieren, oder ob auch nach einer kostenintensiven Weiterbildung die Chance auf einen besseren Job eher gering ist."

Kompetenzanalyse

So ergeben sich zwei Aspekte für die Integration am Arbeitsmarkt – jene der Sprache und jene der Qualifikation, auch unabhängig vom formalen Bildungsabschluss. Das eine sei die Frage des Asylzugangs, bei dem es um Grundrechte gehe, so Pesendorfer. Das andere seien "durchaus legitime Kriterien bei Migrationsströmen unabhängig vom Asyl", wonach eine Kompetenzanalyse oft besser sei als der formale Abschluss, um die Qualifikation zu erheben. Pesendorfer argumentierte damit, dass es ja nicht einmal innerhalb Europas gelinge, eine echte Vergleichbarkeit der Bildungsabschlüsse herzustellen.

Bosnier sind Vorbild

Als positives Beispiel für eine Integration am Arbeitsmarkt nannte Pesendorfer Kriegsflüchtlinge aus Bosnien und Herzegowina, die ebenso aus einer Notsituation heraus nach Österreich flüchteten, wie dies aktuell Syrer täten. Bosnier machen mit 167.000 Menschen in Österreich die zweitgrößte Migrantengruppe nach den Deutschen mit 200.000 Leuten aus. Bei in Bosnien Geborenen lag die Arbeitslosigkeit mit 6,7 Prozent im Jahresdurchschnitt 2014 nur geringfügig höher als bei in Österreich Geborenen mit 4,6 Prozent. Bei Menschen aus den alten EU-15 ohne Österreich sind es 6,1 Prozent.

Beispielsweise bei Serben, die wie Türken schon ab den 1970er-Jahre als Arbeitsmigranten eingewandert sind, lag der Wert aber bei 14,1 Prozent, bei Türken bei 15,5 Prozent. Der Durchschnitt aller nicht in Österreich geborenen liegt bei 10,7 Prozent.

Kritik an Asyl auf Zeit

Bezogen auf die Integration insgesamt und auf dem Arbeitsmarkt ließ Pesendorfer auf Nachfragen eine gewisse Sorge wegen des Asyls auf Zeit anklingen. Wenn sich die Situation im Herkunftsland normalisiert hat, können Leute nach drei Jahren zurückgeschickt werden. Dies könnte sich "letztendlich leerlaufen, wenn alle Integrationsbemühungen erfolgreich sind. Es ist wichtig, den Leuten von Anfang an reinen Wein einzuschenken".

Prinzipiell fühlen sich, wie aus der aktuellen Studie der Statistik Austria hervorgeht, Migranten weit öfter für ihren Job überqualifiziert als in Österreich Geborene. Bei Einwanderern sind es 23,5 Prozent, bei Österreichern 8,8 Prozent und im Durchschnitt 11,4 Prozent (460.400 Personen). Frauen geben den Umstand der gefühlten Überqualifizierung öfters an als Männer – auch wenn sie in Österreich geboren wurden.

Name ist Bewerbungskritierium

Für im Ausland Geborene spielen persönliche Netzwerke eine größere Rolle beim Finden eines Jobs als bei hier Geborenen. Blindbewerbungen schreiben sie weniger. Hier spiele öfter der Nachname eine Rolle, um zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.

Nichtösterreicher haben öfter nur eine Pflichtschulausbildung, aber auch öfter eine tertiäre Ausbildung. "Es gibt eine in den Extremen angesiedelte Bildungshöhe bei Migranten, die sich sehr stark nach Herkunftsländern differenziert", so Pesendorfer. Hier kommen die vielen deutschen Migranten, aber auch jene aus Südtirol ins Spiel, die oft in Österreich studieren.

Die Migrationsmotive seien in erster Linie die Arbeit und auch der Familiennachzug. Hier gab Pesendorfer zu bedenken, dass der Familiennachzug praktisch nicht steuerbar sei. (APA, 30.11.2015)