Haustiger sehen dieser verwilderten Katze vielleicht zum Verwechseln ähnlich, sie verhalten sich aber anders.

Foto: Koch

Wien – Es gibt schon zu viele von ihnen: Tiere, Pflanzen und Pilze, die in Regionen einwandern, in denen sie ursprünglich nicht heimisch waren. Sie können dort negative Auswirkungen auf das Ökosystem haben, indem sie durch Konkurrenz um das Futter oder durch Raub sogar zur Gefährdung der Biodiversität führen. Allein in Europa sind laut Europäischem Umweltbundesamt (EEA) von 395 gefährdeten Arten 110 durch eingeschleppte Pilze, Pflanzen oder Tiere bedroht. Und auch der Mensch hat mit vielen dieser Bioinvasoren zu kämpfen: Ragweed, eine in Süd- und Südosteuropa mittlerweile weitverbreitete Pflanze aus Nordamerika, löst schwere Allergien aus.

Die Ursachen für das Einschleppen von Arten liegen heute vor allem im globalisierten Handel und in der weltweit verstärkten Reisetätigkeit. Ob Hobbygärtner Pflanzensamen aus dem Urlaub mitnehmen oder Touristen unbeabsichtigt Viren aus dem Ausland: Die Folgen können verheerend sein. Das heißt freilich nicht, dass Arten nicht schon vor der Globalisierung in fremde Regionen einwanderten.

Von verwilderten Katzen in Australien wusste man das schon lange. Die Frage war nur, wann sie einwanderten. Die Katzen, die rund 100 im Land einheimische Arten jagen, leben in größeren Populationen im Freien, sind völlig unabhängig vom Menschen und reagieren auf ihn auch mit Abwehr. Sie sind von streunenden Katzen zu unterscheiden, die in der Nähe der Zivilisation und unter anderem von deren Abfällen leben. Laien könnten beide mit Hauskatzen verwechseln, deren Futterzufuhr bekanntlich organisiert ist. Allein die Umgebung, in der die Tiere leben, und wie sie sich darin verhalten, macht den Unterschied.

Doch wie kamen diese verwilderten Katzen nach Australien? Wissenschafter des Biodiversitäts- und Klimaforschungszentrums Senckenberg und der Uni Koblenz-Landau analysierten DNA-Sequenzen von 266 wild lebenden Katzen, um ihre Evolutionsgeschichte und ihr Ausbreitungsschema aufzeigen zu können. Das Ergebnis wurde nun im Fachmagazin "BMC Evolutionary Biology" publiziert: Die meisten dieser Wilden, die auch auf Hawaii ihr Unwesen treiben, stammen von Hauskatzen aus dem 19. Jahrhundert ab, die mit Einwanderern ins Land kamen.

Dabei wurden auch Hinweise auf eine weitere Zuwanderung über die Ursprungsregion Südostasien gefunden, allerdings nicht auf eine stabile Population von wilden Katzen, die von dort stammen könnte. Die lang diskutierte Theorie, die Tiere könnten mit malaysischen Seegurkenfischern Ende des 17. Jahrhunderts ins Land gekommen sein, wurde damit nicht bestätigt.

Die Hauptautorin des Papers, Katrin Koch, meint, dass Verwilderung von domestizierten Tieren mehrfach schon durch Bioinvasion verursacht wurde – und führte die Verwilderung des Schafes in Korsika als Beispiel an.

Raubzüge einbremsen

In Australien gibt es insgesamt 22 eingewanderte Arten: Zwei davon sind Räuber – die Katze und der europäische Rotfuchs. Bisherige Versuche, wieder stabile Populationen der Jagdopfer zu etablieren, scheiterten meistens – an Angriffen der Katze. Wissenschafter überlegen daher schon seit geraumer Zeit, wie man des Bioinvasors Herr werden könnte. Die Tuft-University publizierte vor zwei Jahren ein Paper, wonach eine Vasektomie (Sterilisation des männlichen Tieres) oder die Entfernung der Gebärmutter zielführender sei als Kastration. Die Tiere würden ihre Sexualhormone behalten, aber nicht zeugungsfähig sein, und so ihr Revier vor Gegnern, die zeugungsfähig sind, verteidigen. (Peter Illetschko, 5.12.2015)