Bild nicht mehr verfügbar.

Bild nicht mehr verfügbar.

Bild nicht mehr verfügbar.

Bild nicht mehr verfügbar.

Bild nicht mehr verfügbar.

Dekadent oder nicht: den Sternetourismus als solchen gibt es. Seine Anhänger sind Menschen, die ihre Routen entlang der im Guide Michelin ausgewiesenen Restaurants abstecken. Warum sollte man auch das Risiko eingehen und irgendwo einkehren, wo die Küche nicht schon approbiert ist. Bringt's ja nicht ...

In Belgien sind Sternetouristen jedenfalls gut versorgt. 95 Michelin-Sterne hat die Region Brüssel plus Flandern, in der Provinz Limburg sind es 15. In der östlichsten Provinz Flanderns tragen zwei Restaurants je zwei Sterne, der Rest hat einen – hätte man nie gedacht, denn aus Limburg kennt man bei uns maximal den Käse.

Bild nicht mehr verfügbar.

Die belgische Provinz Limburg wird in vielerlei Hinsicht von Reisenden unterschätzt: architektonisch, aber auch kulinarisch und landschaftlich.

Warum ist das so, woher kommt der Ruf der belgischen Küche, es vom Image her mit der französischen aufnehmen zu können? Vielleicht liegt es einfach an der günstigen Ausgangslage, denn der Speisezettel kombiniert das Raffinement der französischen mit der Deftigkeit der niederländischen Küche und bereichert die Ausgangsmaterialien etwa um Wild aus den Ardennen oder Meeresfrüchte aus dem nahen Atlantik.

Marc Alofs, Direktor der Hostellerie La Butte aux Bois in Lanaken hart an der niederländischen Grenze, meint dazu nur: "Wir Belgier sind Genießer, gehen viel in Restaurants und wollen anständig essen!" Seit das hoteleigene Restaurant La Source den Michelin-Stern besitzt, hat sich die Zahl der Restaurantgäste verdoppelt und jene der Hotelgäste markant erhöht: "Viele kommen wegen Ralf!"

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Nationalpark Hoge Kempen

Ralf Berendsen heißt der Mann, der den Stern für das La Source ergattert hat – oder drei Hauben bzw. 17 Punkte gemäß der in Belgien weniger bedeutsamen Gault-Millau-Wertung. Und deftig niederländisch ist da gar nichts, sondern die Speisen bestehen aus zahlreichen fein abgestimmten Geschmackstupfern in zuträglich kleinen Happen, die jeder für sich das zünden, was man gern und klischeehaft als "palatale Explosionen" bezeichnet. Wie sagt man auf Niederländisch? "Smaakt!"

Sicherlich ein großartiges Sternerestaurant. Zudem verfügt die Hostellerie La Butte aux Bois, die aus einem Landgut hervorgeht, ein Vier-Sterne- und Relais-Châteaux-Haus ist, über einen sehr angenehmen Spa- und Wellnessbereich. Trotzdem: Warum sollte man deshalb nach Limburg kommen? Einer der Trümpfe des Hauses (aber auch der Provinz) ist: Es liegt wirklich sehr zentral. Brüssel und Antwerpen sind beide nur etwa 100 Kilometer entfernt, Lüttich und Aachen etwa 40 Kilometer, die bekannt schöne Stadt Maastricht ist gleich ums Eck, auf der anderen Seite der Grenze. Alles herrliche Orte für Städtetourismus, auch im Winter, plus ein paar Tage Wellness.

Zentrum für Lebemänner

Die Region scheint jedenfalls ein heimliches Zentrum der Bonvivants in Europa sein. So ist die Tefaf, die alljährlich im März in Maastricht stattfindet, die größte Messe für alte Kunst und Antiquitäten weltweit, eine Art Gegenstück zur zeitgenössisch orientierten Art Basel. Ein landschaftliches Plus ist der an La Butte aux Bois quasi anschließende Nationalpark Hoge Kempen, der einzige Belgiens, mit seinen Wald- und Heidelandschaften und verstreuten Teichen.

Bild nicht mehr verfügbar.

Reiten im Nationalpark

Schön und gut, aber mit Wandern im Heide- und Flachland wird man österreichische Gäste nicht unbedingt locken können. Mit Reiten im Nationalpark, Golfen im Schwesterhotel Stiemerheide oder Radfahren entlang der Maas und der zahlreichen Kanäle vielleicht schon eher. Die Provinz Limburg, die als Belgiens "Fahrrad-Oase" gilt, hat ein dichtes Routennetz samt Unterkünften, Vermiet- und Ladestationen für E-Bikes aufgebaut.

Als Ausflugsziel bietet sich überdies Tongeren an, die älteste Stadt nicht nur der Provinz, sondern auch Belgiens. Da die damalige Siedlung an vielbefahrenen Handelswegen der Provinz Belgica lag, hatte sie bereits in römischer Zeit in etwa so viele Einwohner wie jetzt, also um die 20.000. Mangels eines Flusswegs verlor sie in den folgenden Jahrhunderten an Bedeutung, Teile der römischen Stadtmauer sind noch erhalten.

Ambiorix blickt grimmig drein

Im 19. Jahrhundert scheint es den Stadtbürgern offensichtlich ein Bedürfnis gewesen zu sein, an ihre eigenen früheren Heldenzeiten zu erinnern, und so errichteten sie zu Ehren von Ambiorix, dem Anführer des hier ansässigen keltischen Stamms der Eburonen, eine Statue. Der hatte sich erfolgreich gegen die römischen Besatzer aufgelehnt und war sogar dem folgenden Rachefeldzug Julius Caesars entkommen. Seit 1866 beherrscht der Bronze-Ambiorix mit Hörnerhelm, drahtartigem Bart à la Flaubert und Galliermontur den Großen Markt – er blickt grimmig drein, obwohl die Römer längst weg sind.

Bild nicht mehr verfügbar.

Tongeren

Ihm gegenüber steht die Liebfrauenbasilika, die aufs 13. Jahrhundert zurückgeht. Als kirchliche Stätte ist der Ort aber noch viel älter: Bereits im vierten Jahrhundert wurde hier ein Bistum errichtet, die Christianisierung des Gebiets, das heute Belgien bildet, ging von hier aus, bekommt man von regionalen Guides erklärt.

Ein guter Tag für den Besuch der Stadt ist der Sonntag, denn da ist Antiek- en Brocantemarkt – also ein Flohmarkt mit Schwerpunkt auf Brocante, sprich: Krimskrams. Die Stände breiten sich über die halbe Altstadt aus, zahlreiche Händler kommen auch aus den Niederlanden und Deutschland. Es ist der größte Markt dieser Art in Benelux.

Ein Gutteil der Provinz Limburg war im 20. Jahrhundert ein Steinkohlerevier, bis Anfang der Neunzigerjahre wurden die Zechen aber allesamt geschlossen. Ähnlich wie im Ruhrpott hat man seither versucht, den einen oder anderen Standort in Kulturstätten umzuwandeln. Insbesondere mit der früheren Zeche Winter-slag in der Stadt Genk ist das gelungen.

Bild nicht mehr verfügbar.

C-Mine: Das "C" steht für "creativ"

Die C-Mine – was für Creativ-Mine steht – beherbergt heute ein Kulturzentrum und eine Hochschule für bildende Kunst und Design. Das Bergbaumuseum ist sehenswert, furchtlos und schwindelfrei sollte man aber sein, denn es geht einige Dutzend Meter hinunter, was aber nichts ist gegen die bis zu 880 Meter Tiefe, in der hier früher gearbeitet wurde.

Das Gerüst des Förderturms ist 60 Meter hoch und stufenweise zu erklimmen, was zäh ist, aber immerhin schöne Blicke auf den bewaldeten Nationalpark eröffnet. Weithin nichts als Flachland – mit Ausnahme von zwei, drei deplatziert wirkenden Erhebungen. "Das sind Abbaurückstände, die sich im Lauf der Jahrzehnte so angesammelt und in Hügel verwandelt haben", erklärt Ann Stanhart, die durch die C-Mine führt.

Die Kultur zahlt die Zeche

Unweit von hier, in Maasmechelen, steht eine Siedlung früherer Bergarbeiter. Durchaus ansehnliche Einfamilienhäuser aus Backstein mit kleinen Gärten sind das, aufgefädelt entlang grüner Alleen: Die Arbeiter verdienten gut. Eines dieser Häuser ist in ein Museum umgewidmet worden, das ihre Lebenswelt illustriert. Betrieben wird es von einem Österreicher – es gab hier tatsächlich auch österreichische Gastarbeiter.

Einfamilienhäuser ganz anderer Art stehen nur ein paar Kilometer weiter, man sollte sie sich schon wegen des Kontrasts ansehen. Die "Goldküste" ist das Villenviertel am Rande von Hoge Kempen, direkt an der Grenze, jedoch auf flämischer Seite. Wohlhabende Niederländer haben sich wegen der in Belgien nicht anfallenden Vermögenssteuer hier niedergelassen und sich Villen hergebaut, die allesamt ins Architectural Digest aufgenommen werden könnten: gestreckte ultramoderne Bungalows, dazwischen einige Backsteinvillen im Château-Stil, mit peinlich akkurat geschnittenen Rasenflächen und Hecken.

In Südbelgien, in Wallonien, tun übrigens viele vermögende Franzosen genau das Gleiche, so etwa der französische Milliardär Bernard Arnault. Gérard Depardieu wollte auch, hat sich's aber bekanntlich anders überlegt und in Russland gemütlich gemacht. Wie unterschätzt Limburg auch in Bezug auf modernistische Architektur ist, sieht man am besten in der Provinzhauptstadt Hasselt: Das Justizgebäude, das dort erst 2012 vom Berliner Architekten Jürgen Mayer H. fertiggestellt wurde, ist schon ganz großes Kino. (Harald Sager, 12.1.2016)

Die Reise erfolgte auf Einladung von Visit Flanders und der PR-Agentur Marketing Deluxe.