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Am 13. Jänner 2012 hat das italienische Kreuzfahrtschiff Costa Concordia mit mehr als 4000 Menschen an Bord einen Felsen gerammt. Derzeit wird das Schiffswrack in Genua verschrottet – von einst 14 Stockwerken sind momentan noch fünf übrig.

Foto: AP / Giuseppe Modesti

Der fast dreihundert Meter lange Rosthaufen, der im "Superbacino" ("Super-Becken") nahe dem alten Hafen von Genua liegt, ist bei näherem Hinsehen immer noch als ehemaliges Schiff erkennbar. Auch der Schriftzug "Costa Concordia" am Bug ist lesbar. Doch sonst erinnert bei dem Wrack nicht mehr viel an das einst größte italienische Kreuzfahrtschiff, das vor genau vier Jahren vor der toskanischen Insel Giglio mit mehr als 4000 Passagieren und Besatzungsmitgliedern an Bord einen Felsen gerammt hatte und vor der Hafeneinfahrt gestrandet war.

Eineinhalb Jahre nach dem Beginn der Verschrottungsarbeiten sind von den 14 Stockwerken des früheren Luxusliners nur noch fünf Etagen übrig geblieben. 150 bis 250 Arbeiter und Techniker haben in den vergangenen Monaten den Schiffsbauch weitgehend geleert: Inneneinrichtungen, Verkleidungen, Isoliermaterial, Belüftungsanlagen, Küchen, Treppen, Geländer und vieles mehr musste entfernt werden, ehe damit begonnen werden konnte, das Schiff von oben her mit Schneidbrennern und anderem schwerem Gerät zu zerlegen und schließlich Stück für Stück in ein Stahlwerk in der Nähe von Brescia abzutransportieren.

Innenleben in Industriehallen gelagert

Das Innere des Schiffs, wo einst Restaurants und Bars, Casinos und Wellness-Center, Salons und Suiten die Kreuzfahrtpassagiere erfreuten, ist nun in maroden, stillgelegten Industriehallen untergebracht.

"Die Abwrackung der Costa Concordia ist das bedeutendste Projekt dieser Art, das in Italien und vielleicht sogar in der Welt je durchgeführt wurde", sagt Ferdinando Garré, Chef des Consorzio Ship Recycling, das die Verschrottung durchführt. Dafür erhält das private Konsortium etwa 95 Millionen Dollar von der US-Kreuzfahrtgesellschaft Carnival, zu der die Reederei der Costa Concordia gehört. Hinzu kommen Erlöse aus dem Recycling: Laut Garré können 100 Prozent des beim Bau der Costa Concordia verwendeten Stahls wiederverwertet werden – rund 50.000 Tonnen. Das wird zu weiteren Einnahmen von 14 Millionen Euro führen. Vom übrigen Material können 80 Prozent wiederverwendet werden.

Phase zwei der Verschrottung

Die erste Phase der Abwrackung hatte am 27. Juli 2014 begonnen, als die Costa Concordia nach ihrer spektakulären Bergung vor Giglio und einer mehrtägigen Reise an den Seilen von vier Schleppschiffen im Hafen von Pra-Voltri bei Genua angekommen war. Dort war das Wrack zunächst um 5700 Tonnen Material erleichtert worden, um seinen Tiefgang zu verringern und es im Mai 2015 in das weniger tiefe "Superbacino" von Genua schleppen zu können.

Seither läuft die zweite Phase, in welcher die Costa Concordia bis zur Brücke 2 demontiert wird. Dann wird sie leicht genug sein, um ins Trockendock einer Genueser Werft gebracht zu werden, wo in einer dritten Phase der Rest des Schiffs zerlegt wird.

Zu nahe an die Insel gesteuert

Voraussichtlich bis Ende des Jahres wird die Costa Concordia verschwunden sein – außer einer Gedenktafel an der Hafenmauer von Giglio wird dann nichts mehr an das Passagierschiff-Unglück erinnern. 32 Menschen hatten bei der Havarie vom 13. Jänner 2012 ihr Leben verloren; später starb bei den Bergungsarbeiten auch noch ein Taucher. Verursacht wurde die Tragödie durch ein Manöver von Kapitän Francesco Schettino, der sein Schiff viel zu nahe an Giglio gesteuert hatte.

"Kapitän Feigling" – so wurde Schettino von Medien genannt, weil er sein Schiff frühzeitig verlassen hatte, obwohl sich noch zahlreiche Passagiere darauf befanden – ist im Februar 2015 wegen fahrlässiger Tötung und anderen Delikten zu 16 Jahren Haft verurteilt worden. Beide Seiten legten Berufung ein. Für den neuen Prozess wurde noch kein Termin festgelegt. Schettino befindet sich auf freiem Fuß – laut Gericht bestehe keine Fluchtgefahr. (Dominik Straub aus Rom, 13.1.2016)