Johannes Kopf hat am Dienstag einen extrem wichtigen Beitrag zu den Debatten über den richtigen Umgang mit Flüchtlingen in Österreich geliefert. Das von ihm geleitete Arbeitsmarktservice (AMS) hat die bisher umfassendste Untersuchung dazu präsentiert, wer die Flüchtlinge eigentlich sind, die in den vergangenen Monaten nach Österreich kamen. Sprechen die Menschen also Deutsch, können sie lesen und schreiben, haben sie einen Bildungsabschluss? All das wurde erhoben.

Die Ergebnisse fielen unter den 900 vom AMS getesteten anerkannten Asylwerbern so heterogen aus, dass eigentlich nur ein Schluss zulässig ist: "Die" Flüchtlinge gibt es nicht. Jene Menschengruppe, die in Österreich um Asyl angesucht hat, ist in Wahrheit extrem unterschiedlich. Die Bandbreite reicht vom gut ausgebildeten syrischen Arzt, der in seiner Heimat einen hohen Lebensstandard gewohnt war, bis zum perspektivenlosen Jugendlichen aus Afghanistan, der nichts hatte. Das haben manche vermutet.

Nun gibt es belegbare Zahlen. So sind die Syrer, die vom AMS getestet wurden, hochgebildet. 40 Prozent der Frauen sind Akademikerinnen. Auch unter Iranern und Irakern ist der Bildungsgrad recht hoch. Ganz anders das Bild bei den Afghanen, von denen rund ein Drittel (bei den Frauen fast die Hälfte) nie eine Schule besucht haben. Dafür sind die Afghanen extrem jung, zwei Drittel der beim AMS gemeldeten Flüchtlinge sind nicht einmal 29 Jahre alt, während Syrer, Iraker und Iraner deutlich älter sind.

Allein die Erkenntnis, wie heterogen die Flüchtlingsgruppe ist, wird noch keine integrationspolitischen Herausforderungen lösen. Aber es ist wichtig, sich dieses Faktum vor Augen zu halten. Denn die große Bandbreite an mitgebrachten Lebensrealitäten bedeutet, dass sich Erwartungshaltungen der Österreicher ändern müssen. Von den gut ausgebildeten Syrern aus der Mittelschicht wird man verlangen können, sich rasch in den Arbeitsmarkt einzubinden. Sie sollten auch die deutsche Sprache schnell erlernen und staatliche Unterstützung nicht lange in Anspruch nehmen. Dagegen wird die Gesellschaft mit jenen Afghanen, die nicht lesen und schreiben können, Geduld brauchen. Alle Flüchtlinge über einen Kamm zu scheren führt nur zu Frust auf allen Seiten. Das betrifft jene Flüchtlinge, die sich überfordert fühlen, genauso wie die gut Ausgebildeten, die gerne schon arbeiten würden.

Die Differenzierung muss auch dazu führen, dass benachteiligte Gruppen mehr Betreuung erhalten. Das AMS braucht mehr geschultes Personal, um sich der jungen Afghanen annehmen zu können. In den Schulen sind zusätzliche Investitionen nötig, um sie auf die Aufgaben vorzubereiten. Auch in den Diskussionen über die Wertekurse sollte man bedenken, dass es wenig Sinn macht, allen Flüchtlingen die exakt gleichen Schulungen anzubieten.

Die Studie des AMS ermöglicht eine Versachlichung der Debatte über Flüchtlinge. Es gibt sie also noch, die guten Nachrichten. (András Szigetvari, 12.1.2016)