Katholische Verbände üben Kritik: Das Fortpflanzungsmedizingesetz sei durchgepeitscht worden und gehe zu weit.

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Wien – Das Thema Fortpflanzungsmedizin polarisiert. Die Befürworter künstlicher Befruchtung werden häufig als Freunde der Selektion bezeichnet, die Gegner als unverbesserliche Fundamentalisten. Die Mitte ist kaum zu finden. Vor einem Jahr wurde das Fortpflanzungsgesetz in Österreich modernisiert, der Verfassungsgerichtshof hat eine Novelle beanstandet, weil lesbische Paare bis dahin keine Samenspende erhalten durften.

Das wurde im vergangenen Jahr geändert. Außerdem wurden Eizellenspenden zugelassen und Präimplantationsdiagnostik unter bestimmten Voraussetzungen (nach drei Fehlversuchen mit IVF, Anm.) erlaubt.

Die Plattform kinderbekommen.at, ein Zusammenschluss katholischer Einrichtungen, konnte sich mit der Novelle nicht anfreunden und erneuert ihre Kritik: Das Gesetz sei durchgepeitscht worden.

Es sind vor allem ethische Bedenken, die von den Vertretern der Plattform vorgebracht werden. Es gebe weder für Eizellenspenderinnen noch für Eizellenempfängerinnen eine unabhängige Beratung, die psychischen Auswirkungen seien unklar, der Vorgang der Spende werde als unbedenklicher Eingriff verharmlost, und die Präimplantationsdiagnostik (PID) sei eine Selektion zwischen lebenswertem und -unwertem Leben. Begleitende Forschung und Evaluierung seien notwendig, ein zentrales Register, das die Eizellenspenden dokumentiert, wird gefordert.

Für Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich, wurde die Novelle nicht zum Wohl der Kinder und Frauen modernisiert, sondern nur für die "Vertreter der Fruchtbarkeitsindustrie". Sie befindet, dass dadurch das – ausdrücklich im Gesetz festgehaltene – Verbot der Leihmutterschaft umgangen werde.

Zwischentöne

Deutlich weniger skeptisch zeigte sich Helmut Kukacka, Präsident der Arbeitsgemeinschaft katholischer Verbände. "Es ist nicht alles ethisch vertretbar, was medizinisch machbar ist", sagt er. Jedoch habe die Plattform eine Reihe von Verbesserungen in die Novelle hineinreklamiert, wie die Schaffung eines zentralen Registers für Eizellen- und Samenspender. Ob das umgesetzt werde, müsse überprüft werden.

Gleichzeitig relativiert Kukacka die Kritik seiner Mitstreiter. Es sei noch zu früh, Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) eine Verschleierung der Daten zu unterstellen, wenn der erste Bericht erst im Herbst 2016 vorliegen soll. Laut Ministerium soll ein Register über Eizellenspenden Anfang 2017 vorliegen.

Gertraude Steindl, Präsidentin von Aktion Leben, fordert eine gesetzliche Verankerung von Beratungsgesprächen. Sie habe Oberhauser vorgeschlagen, dass diese Gespräche die Aktion Leben durchführen würde, damit die Beratung über den Vorgang und die möglichen Folgen nicht nur in den Fortpflanzungsinstituten erfolgt. (mte, 13.1.2016)