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Verfolgt er die IAAF, kriegt Richard Pound so einen Hals.

Foto: REUTERS/Denis Balibouse

München – Das Image der organisierten Leichtathletik zerstört, Weltverbandspräsident Sebastian Coe unter Druck – und sogar Russlands Staatschefs Wladimir Putin soll mitgemischt haben. Die unabhängige Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hat am Donnerstag in München den zweiten Teil ihres Untersuchungsberichts zum Doping- und Korruptionsskandal präsentiert. Er stellt dem Leichtathletik-Weltverband (IAAF) ein vernichtendes Urteil aus. Die Kommission attestiert der IAAF einen "kompletten Zusammenbruch" der Führungsstruktur.

Korruption "in der Organisation verwurzelt"

Der Kommissionsvorsitzende Richard Pound und sein Team kommen zu dem Schluss, dass Korruption "in der Organisation verwurzelt" war. Für die dubiosen Vorgänge rund um den ehemaligen Präsidenten und "Drahtzieher" Lamine Diack könne "keine kleine Zahl von Tätern verantwortlich gemacht werden". Obwohl keine Namen genannt werden, gerät Coe, der Diack im August nachgefolgt ist, immer weiter unter Druck.

Der Engländer sitzt seit 2003 im IAAF-Council, dem höchsten Gremium des Weltverbands – von 2007 bis 2015 war Coe unter Diack der Vizepräsident. Die Wada-Kommission stellte nun fest, dass die Mitglieder des IAAF-Councils von den verdächtigen Vorgängen rund um positive Dopingproben russischer Athleten wissen mussten.

Coe weist Vertuschungsvorwürfe zurück

Coe, selbst in München vor Ort, hatte am Mittwoch erneut jegliche Vertuschungsvorwürfe gegen seinen Verband zurückgewiesen. "Die Sache ist einfach. Wurden alle Unregelmäßigkeiten verfolgt? Die Antwort lautet: Ja. Wurden Strafen verhängt und publik gemacht? Ja. Wurde etwas vertuscht? Nein", sagte der 59-Jährige in TV-Interviews.

Helmut Digel, ehemaliger Präsident des deutschen Leichtathletikverbands (DLV) und Council-Mitglied von 1995 bis 2015, wies den Vorwurf der organisierten Korruption zurück. "Das ist nicht akzeptabel", sagte Digel. "Ich habe von diesen Vorgängen zu keinem Zeitpunkt etwas gewusst." Er habe sich immer wieder "mit Herrn Diack angelegt". Aber Präsidenten hätten in Verbänden nahezu "uneingeschränkte Macht". Digel hätte sich "nie vorstellen können, dass es solche Ausmaße der Korruption in der IAAF geben könnte".

Wickel vor der WM in Russland

Vor der WM 2013 in Moskau hätten neun russische Athleten wegen Dopings gesperrt werden müssen, doch hochrangige IAAF-Funktionäre taten offenbar nichts. Dies soll im Zusammenhang mit dem Abschluss eines TV-Vertrags für die Titelkämpfe gestanden haben. Auch Putin hatte offenbar seine Finger im Spiel. Diack soll vor der WM in Moskau das Gespräch mit Putin gesucht haben, um mit ihm die Problematik zu lösen. Ob es zu einem Deal kam, ist offen. Schlussendlich ging keiner der verdächtigen Sportler an den WM-Start, dafür wurden sie auch nicht belangt.

Schon im ersten Teil des Untersuchungsberichts hatte Pound massive Dopingverfehlungen in der russischen Leichtathletik festgestellt, daraufhin wurde der russische Verband ARAF aus der IAAF ausgeschlossen. Den russischen Leichtathleten droht das Aus für Olympia in Rio. Gegen Diack und weitere Beschuldigte läuft in Frankreich ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption und Geldwäsche. (sid, red, 14.1.2016)