Unruhen in der westtunesischen Stadt Kassérine.

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Tunis – Tunesiens Regierung hat nach den schwersten Sozialprotesten seit Beginn des Arabischen Frühlings vor fünf Jahren eine landesweite Ausgangssperre ausgerufen. Diese gilt zwischen 8 und 5 Uhr, ein Ende ist vorerst nicht vorgesehen. Die Maßnahme gelte für alle Regionen des Landes, erklärte das Innenministerium am Freitag. Nach zwei Anschlägen der Terrormiliz "Islamischer Staat" war schon bisher der Ausnahmezustand in Kraft.

Die gewaltsamen Proteste hatten sich in der Nacht auf Freitag auf mehrere Regionen ausgedehnt und auch die Hauptstadt Tunis erfasst. Demonstranten griffen zudem in den Städten Jendouba und Bizerte Polizeiposten an, wie ein Sprecher des Innenministeriums erklärte. Auch Wagen der Sicherheitskräfte seien angezündet worden. Medien berichteten, dass in einem ärmeren Viertel von Tunis Geschäften und zwei Banken geplündert wurden.

Ein Polizist getötet

Die Proteste gegen die schlechte wirtschaftliche Lage und die Arbeitslosigkeit hatten am vergangenen Wochenende in der Provinz Kassérine im Westen Tunesiens begonnen. Bei Zusammenstößen wurde dort am Mittwochabend ein Polizist getötet.

In der Kleinstadt Sidi Bouzid hatten die als Arabischer Frühling bekannt gewordenen Aufstände begonnen, nachdem sich dort Ende 2010 ein Gemüsehändler aus Verzweiflung selbst angezündet hatte. Tunesien ist das einzige arabische Land, dem seither der Übergang zur Demokratie gelang. Allerdings leidet es unter der schlechten Wirtschaftslage.

Bundespräsident Heinz Fischer war Mittwoch und Donnerstag in Tunesien zu Gast. Er erklärte dabei, Österreich wolle das Land auf dem Weg zu Stabilität unterstützen. Das helfe auch dabei, die Flüchtlingszahlen zu senken. (APA, Reuters, 22.1.2016)